Justizministerin Alma Zadic (Grüne).

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Justizministerin Alma Zadic (Grüne) sieht in punkto Hass im Netz "eine koordinierte Vorgehensweise der EU-Institutionen und der Mitgliedstaaten" als entscheidend an und begründet dies mit der "grenzüberschreitenden Dynamik". Dies teilte die Ministerin im Anschluss an eine informelle Videokonferenz der EU-Justizminister am Montag mit.

Dabei thematisierten Zadic und ihre EU-Amtskollegen erstmals unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft die Problemfelder Falschinformation und Hassrede. In Deutschland tritt demnächst ein neues Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet in Kraft. Für soziale Netze wie Facebook und Twitter gibt es demnach weitreichende Pflichten. EU-Justizkommissarin Vera Jourova kritisiert den deutschen Alleingang.

"Ich verberge nicht, dass wir für die Europäische Union eine paneuropäische Lösung möchten", sagte Jourova am Montag dazu. Dies bedeute, dass die EU-Staaten nicht ihre jeweils spezifischen Gesetze haben sollten. Zugleich stellte die Vizepräsidentin der Brüsseler Behörde bis Ende des Jahres EU-weit verpflichtende Vorgaben für Online-Netzwerke in Aussicht. Elementarer Grundsatz solle stets die Redefreiheit bleiben.

Österreich unterstütze und beteilige sich intensiv an den Maßnahmen der Europäischen Kommission, hieß es seitens des Justizministeriums. "Aus österreichischer Sicht muss mehr Verantwortung, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit im Online-Bereich geschaffen werden", betonte Zadic.

Rückhalt aus Deutschland

Dieser Ansicht ist auch die deutsche Justizministerin Christine Lambrecht (SPD). Wir müssen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gerade jetzt stärken", forderte die Ministerin. Europa dürfe nicht hinnehmen, dass die öffentliche Debatte verdreht und vergiftet werde. Derzeit versuchten Populisten und Radikale, die Not der Menschen in der Corona-Krise auszunutzen. Umso wichtiger seien parlamentarische Kontrolle, eine unabhängige Justiz und freie Medien.

"In der Pandemie sind Leben gefährdet, wenn blanker Unsinn über Impfstoffe verbreitet oder das Virus schlicht geleugnet wird", ist die Ministerin überzeugt. Soziale Netzwerke wie YouTube und Facebook stünden in der Verantwortung, sich nicht für Hass und Desinformation missbrauchen zu lassen. Hier müsse es weitere Schritte bis hin zu klaren Verpflichtungen für die Plattformen geben.

Neben Online-Hetze standen am Montag die Einschränkungen der Freiheitsrechte in vielen EU-Staaten während der Corona-Krise auf dem Programm der Minister. "Dieser Austausch ist deshalb so wichtig, weil wir sehen, dass europaweit viele von uns drastische Maßnahmen setzen mussten, um das Leben und die Gesundheit der Menschen zu schützen, während wir aber gleichzeitig immer auch die Verhältnismäßigkeit im Auge behalten mussten", so Justizministerin Zadic dazu.

"Keine Freiheit darf nur einen Tag länger eingeschränkt bleiben als unbedingt nötig", lautet auch die Meinung ihrer deutschen Amtskollegin Lambrecht. Deutschland übernahm am 1. Juli den Vorsitz des EU-Rates von Kroatien. Das Vorsitzland leitet die Sitzungen der Ministerräte, die für die Gesetzgebung zuständig sind. (APA, 6.7.2020)