Die Windkraft soll den Löwenanteil des zusätzlich benötigten Stroms liefern. Das geht nur mit Windrädern dort, wo es noch keine gibt.

Foto: Foto: Image Broker / Lilly

Es geht um nicht weniger als 27 Terawattstunden (TWh) Strom. Das sind 27 Milliarden Kilowattstunden (kWh). Diese Menge soll im Jahr 2030 zusätzlich zur bestehenden Produktion aus Wind, Solarenergie, Biomasse und Kleinwasserkraft aus erneuerbaren Quellen kommen. Nur so kann das Ziel der Bundesregierung, Österreich bei Strom CO2-frei zu machen, erreicht werden. Die Weichen dafür werden jetzt gestellt.

Das Erneuerbare Ausbau Gesetz (EAG), das die aufgrund von Marktverzerrungen nach wie vor nötige Förderung erneuerbarer Energien auf eine neue Basis stellen soll, wird noch im Juli in Begutachtung gehen. Für einen Beschluss in National- und Bundesrat ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig; Türkis und Grün benötigen somit auch Stimmen aus dem Oppositionslager. Im Hintergrund ist nun ein heftiges Tauziehen im Gang – zwischen den politischen Lagern, aber auch innerhalb einzelner Interessengruppen.

Neuer Windkraft-Obmann

"Meine Haut ist für politische Machtspiele etwas dünn geworden", sagte am Montag der scheidende Obmann der IG Windkraft, Martin Steininger. Das Vorstandsmitglied der niederösterreichischen Windkraft Simonsfeld Gruppe stand dem 2000 Mitglieder zählenden Interessenverband 15 Jahre als Obmann vor. In der entscheidenden Phase übernimmt nun Fritz Herzog, ein weiterer Pionier der Windenergie.

Er will, wie der studierte Elektrotechniker sagt, "mit ganzer Kraft" für die Interessen der Windenergie und anderer Erneuerbarer eintreten. Nicht nur das erste Windrad in Wolkersdorf (NÖ) trägt seine Handschrift, Herzog hat auch einen mittelständischen Betrieb aufgebaut: Die Öko Energie Wolkersdorf beschäftigt sich mit der Erzeugung und der Verteilung erneuerbarer Energie.

An Stellschrauben drehen

27 Milliarden kWh sauberer Strom müssten also zusätzlich erzeugt werden, um den Strombedarfszuwachs bis 2030 zu stemmen und die Stromproduktion aus fossilen Quellen mit entsprechendem CO2-Ausstoß auf nahezu null zu fahren. Wind allein, so die Berechnungen von Österreichs Energie, könnte an die zehn Milliarden kWh zusätzlich beisteuern. Zum Vergleich: Insgesamt liegt der Stromverbrauch in Österreich bei etwa 70 Milliarden kWh pro Jahr.

Um den Plan Realität werden zu lassen, müsse allerdings an einigen Stellschrauben gedreht werden, sagt der Geschäftsführer der IG Windkraft, Stefan Moidl. Dazu gehöre eine Standort-differenzierte Tarifierung – sprich: Betreiber in Lagen mit guter Windausbeute sollten weniger Förderung erhalten, solche in B-Lagen mehr. Der bisher praktizierte einheitliche Fördersatz habe dazu geführt, dass die Windkraft im Osten Österreichs stark ausgebaut ist, in anderen Teilen des Landes aber kaum oder gar nicht. Nicht nur in dieser Frage gibt es aber noch Diskussionen, auch in der Regierung zwischen Türkis und Grün.

Von kaum bis nichts

In Oberösterreich, einst ein Pionierland bei Windkraft, kann aufgrund eines geltenden Landesgesetzes unter Heranziehung des Naturschutzes kein einiges Windrad mehr errichtet werden. Ein Windparkprojekt auf der Stubalm in der Steiermark ist erst jüngst ein Fall für das Verwaltungsgericht geworden, und auch anderswo wird der Windkraft immer häufiger die rote Karte gezeigt.

Der neue Obmann, der den Windradbauer Enercon in Österreich großgemacht hat, wünscht sich einen gesellschaftlichen Konsens, dass erneuerbare Energien wichtig sind. Herzog: "Wenn die Welt brennt, kann ich auch nicht sagen, die Feuerwehr ist nicht schön."

(Günther Strobl, 7.7.2020)