Innenminister Karl Nehammer ist erstaunt darüber, dass von jungen Männern mit eher schlechten Perspektiven, die in einer nationalistischen, teils religiös fundierten Machokultur aufgewachsen sind, eine "hohe Gewaltbereitschaft gegenüber der Polizei" ausgeht. Sogar große Polizeihunde seien in Favoriten mit Steinen beworfen worden (die Gewaltdrohungen gegen linke, teils kurdische Frauen waren Nehammer keine Erwähnung wert).

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).
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Der Innenminister vermutet, dass "die Türkei" hinter manchen türkischen Vereinen wie den "Grauen Wölfen" steht, die die Krawalle veranstalteten. Das konnte man schon länger wissen. Bis vor wenigen Jahren stand türkisches Botschaftspersonal an der Spitze des größten türkischen Vereins Atib. Heute ist das subtiler. Das Regime Erdoğan setzt auf neoosmanische Expansion. Zweifellos sind auch die Straßenkampftaktiken, die man laut Nehammer in Favoriten sah, nicht den Köpfen von 17-Jährigen entsprungen.

Die Kernfrage ist aber nicht, ob man jetzt ein paar Vereine auflöst, ob man einen Krieg "Türkis gegen Türkei" führt. Sondern ob man gegenüber diesen Jugendlichen, die ja zu einem guten Teil österreichische Staatsbürger sind, die richtige Mischung von Repression und Gesellschaftspolitik zusammenbringt. Junge Männer mit geringen Aussichten und hohem Frustpotenzial waren immer schon für Faschismus anfällig. Das sollten wir aus unserer Geschichte wissen. (Hans Rauscher, 6.7.2020)