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Es ist eine jener Technologien, deren Relevanz oftmals unterschätzt wird. Die Effizienz von Videocodecs hat einen signifikanten Einfluss auf den gesamten Datenverbrauch im Internet. Immerhin machen Streamingdienste mittlerweile den Löwenanteil aller übertragenen Daten aus. Jede Verbesserung in diesem Bereich bedeutet also deutlich weniger Last für das gesamte Netz. Eine neue Entwicklung verspricht nun besonders große Fortschritte in dieser Hinsicht

Effizienz

Das Versatile Video Codec (VVC) – oder auch H.266 genannt – soll erheblich effizienter als der Vorgänger H.265 (HEVC) arbeiten. Dies verspricht zumindest das an der Entwicklung beteiligte Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut in einer aktuellen Ankündigung. So könne bei gleicher Qualität die Bitrate um bis zu 50 Prozent reduziert werden.

Besonders effizient soll VVC bei 4K-Inhalten sein. Ein 90-Minuten-Film, der in HEVC noch 10 GByte verbraucht, soll nach der Kodierung mit VVC nur mehr rund 5 GByte benötigen. Besonders hilfreich könnte das Codec insofern für Smartphones sein, wo hochauflösende Displays mittlerweile Gang und Gäbe sind, die mobile Datenanbindung aber oft eng ist. Ein weiteres Anwendungsgebiet sieht das Frauenhofer Institut für Virtual Reality Headsets und das Streamen von 360-Grad-Aufnahmen an diese.

Hardware

Bis all das Realität wird, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Damit etwa ein Smartphone oder ein Fernseher ein neues Videocodec effizient nutzen können, braucht es Hardware-Support für dieses. Entsprechende Chips seien derzeit in Entwicklung, wann diese verfügbar sein sollen, ist aber noch unklar. Zu den Unterstützern von H.266 zählen unter anderem Apple, Microsoft, Intel, Qualcomm und Huawei.

Lizenzen für VVC sollen vom Joint Video Experts Team der International Telecommunication Union (ITU) und der Moving Picture Experts Group (MPEG) vergeben werden. Details zu Preisen nennt man noch nicht. Der Vorgänger HEVC war immer wieder aufgrund der unübersichtlichen Patentlage kritisiert worden, die auch dazu geführt hat, dass mittlerweile drei Patentkonsortien Ansprüche auf Gebühren erheben. Für das neue Codec soll das nun alles vereinheitlicht werden – verspricht man zumindest.

Konkurrenz von AV1

Angesichts der unsicheren Patensituation hat sich mit dem von der Alliance for Open Media (Aomedia) entwickelten AV1-Codec mittlerweile ein starker Gegner etabliert, der mit einer freien Patentlizenz von allen genutzt werden kann. Hinter dessen Entwicklung steckt nicht zuletzt Google, das auch schon die Vorgänger VP9 und VP8 zu weiten Teilen geschrieben hat. Unterstützt wird AV1 mittlerweile von großen Teilen der Industrie – darunter Amazon, Netflix und Mozilla. Microsoft und Intel sind an beiden Projekten beteiligt. (apo, 07.07.2020)