Der deutsche Innenminister Horst Seehofer kritisiert, dass nur wenige Länder bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen.

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Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) will die EU-Staaten mit Nachdruck zu einer gemeinsamen Position in der seit langem umstrittenen Frage der Flüchtlingsaufnahme bewegen. Die EU-Kommission müsse nun gemeinsam mit der deutschen Ratspräsidentschaft "viel stärker einsteigen", um eine Einigung über die Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtlingen zu erzielen, sagte Seehofer am Dienstag.

Zwar werde es seiner Einschätzung nach bei den Beratungen der EU-Innenminister "heute nicht vollständig gelingen", eine Einigung über die Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtlingen zu erzielen, sagte Seehofer im ARD-"Morgenmagazin". Seine Erfahrung sei aber, "dass man in der Politik nicht aufgeben darf – man muss immer wieder dranbleiben".

Nehammer vertritt Österreich

Die bisherige Lage bei der Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Flüchtlingen sei eine "ziemlich unwürdige Situation", kritisierte er. "Heute kommt ein Schiff an, und dann wird in ganz Europa rumtelefoniert, wer ist bereit, die Flüchtlinge aufzunehmen?" Zumeist seien dann nur vier, fünf oder sechs Länder dazu bereit.

Die EU-Innenminister beraten am Dienstag in einer Videokonferenz über die Beteiligung von mehr Staaten an der Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtlingen. Österreich wird dabei von Ressortchef Karl Nehammer (ÖVP) vertreten.

Österreich lehnt verpflichtende Flüchtlingsaufnahme ab

In einem internen Diskussionspapier des deutschen EU-Vorsitzes heißt es nach AFP-Informationen, über den Sommer sei mit steigenden Flüchtlingszahlen im Mittelmeer rechnen. Nötig sei deshalb "in den kommenden Wochen eine breite Beteiligung" bei der Unterstützung der Mittelmeeranrainer im Umgang mit aus Seenot geretteten Migranten.

Nach der Sommerpause will sich Seehofer vor allem auf die Lösung der Migrationsfrage in der EU konzentrieren. Er habe "den Ehrgeiz", bei dem seit Jahren umstrittenen Thema "einen großen Sprung" während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu machen, sagte er.

Seehofer verlangt insbesondere eine Positionierung der Innenminister zu einem im September in Malta erarbeiteten Ad-hoc-Mechanismus zur Verteilung geretteter Flüchtlinge. Daran beteiligen sich bisher nur wenige EU-Staaten. Österreich und andere Länder wie Tschechien und Ungarn lehnen die verpflichtende Aufnahme von Asylwerbern strikt ab.

Im Bemühen um eine Reform des europäischen Asylrechts hat Nehammer zuletzt Pläne Seehofers für eine Erstüberprüfung von Asylwerbern an den EU-Außengrenzen unterstützt. "Der Schutz von Flüchtlingen soll so nah wie möglich am Herkunftsland stattfinden", sagte er. (APA, 7.7.2020)