Barbara Pompili ist Frankreichs neue Umweltministerin und, was fast noch wichtiger ist, Nummer drei der neuen Regierung von Emmanuel Macron. Diesen Rang soll sie selber verlangt haben. Und zwar nicht aus Anmaßung: Die sehr natürliche Nordfranzösin will nicht bloß ein ökologisches Aushängeschild oder gar Alibi eines Präsidenten sein, der die Klimapolitik auch aus innenpolitischen Gründen zur Chefsache erklärt hat.

Seine Klimachefin ist nun Barbara Pompili. Allein schon der Umstand, dass sie Bedingungen an den Eintritt in die Regierung knüpfte, zeigt ihre starke Stellung. Die 45-jährige Politologin gehört zu den wenigen landesweit bekannten und politisch erfahrenen Grünen Frankreichs. Ihre Ernennung hat niemanden überrascht. Aus einem kleinen Dorf an der Grenze zu Belgien stammend, liegt die "Realo"-Grüne auf Macrons Linie. So tritt sie wie der Staatschef für den Abbau des Atomstromanteils am französischen Energiemix ein; anders als die Grünen verlangt sie aber keinen sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft. Diese und andere Fragen hatten dazu beigetragen, dass Pompili die grüne Partei EELV (Europe Ecologie les Verts) 2015 verließ.

Barbara Pompili ist Umweltministerin.
Foto: AFP/Guay

Mit anderen Dissidenten trat sie in die kleine Parti Ecologiste über. Richtig glücklich wurde sie dabei aber auch nicht, zumal Parteivorsteher François de Rugy später wegen Luxusausgaben mit Hummer-Dîners als Umweltminister zurücktreten musste. Vor den Präsidentschaftswahlen 2017 schloss sie sich als eine der Ersten Macrons neuer Bewegung En marche an. In der Folge wurde sie selber in die Nationalversammlung gewählt, wo sie sich als Leiterin des Ausschusses für nachhaltige Entwicklung einen Namen machte. Jetzt soll sie das grüne Credo des Präsidenten in die Tat umsetzen.

"Ökologische Rückeroberung"

Schon am Tag nach dem grünen Wahlsieg bei den Gemeindewahlen hatte Macron vor Wochenfrist versprochen, er werde die 150 Klimavorschläge einer Bürgerkonvention fast vollumfänglich einhalten. Der zweite Streich der "ökologischen Rückeroberung", wie sie die Pariser Medien nennen, ist nun die Ernennung Pompilis. Als Nummer drei der Regierung verkörpert die neue Ministerin auch die Parität von Frauen und Männern in der französischen Regierung. Die geschiedene Mutter einer Tochter kämpft an vorderster Front gegen Sexismus in der Politik – etwa wenn sie selbst als "Barbie" abgetan oder von grünen Ex-Kumpels des "politischen Recyclings" bezichtigt wird.

Ihre gute Laune verliert Pompili selten. Einmal geschah dies, als Pariser Medien mutmaßten, die attraktive Nordfranzösin sei von ihrem grünen Parteifreund Denis Baupin wie andere Frauen begrapscht worden. "Ich bin kein Opfer", twitterte sie in ihrer bekannten Offenheit. Später ärgerte sie sich darüber, dass sie mit dieser Klarstellung ungewollt zur Helferin des Sextäters gestempelt worden sei. Wie man sich in solche Affären auch positioniere, sei man als Frau "entweder Opfer oder Komplizin", beklagte sie sich. (Stefan Brändle aus Paris, 7.7.2020)