Elektroautos sind zwar immer noch eine Minderheit auf Österreichs Straßen, erfreuen sich aber wachsender Beliebtheit. 2019 wurden laut Statistik Austria 9.242 elektrisch angetriebene Pkw zugelassen und somit um 36,8 Prozent mehr, als noch im Vorjahr. Bei Elektro-Hybrid-Autos fiel das Wachstum mit 76,6 Prozent auf 16.505 Neuzulassungen sogar noch stärker aus. Insgesamt stellen Wägen, die teilweise oder vollständig mit einem Elektroantrieb laufen bereits 7,8 Prozent der österreichischen Neuwagenflotte.

Diese stark steigende Tendenz wird auf absehbare Zeit auch dazu führen, dass immer mehr E-Autos in Unfälle verwickelt sein werden. Doch während es für "Verbrenner" erprobte Methoden für den Fall eines Fahrzeugbrandes gibt, sind Autos mit Lithium-Ionen-Akkus für viele Feuerwehren noch Neuland. Der TÜV Süd, die Wiener Berufsfeuerwehr und das Unternehmen WN Technical Training haben eine Feldstudie durchgeführt, um einige Fragen zu klären. Wie löscht man ein E-Auto am besten? Wo liegen die Herausforderungen? Und was sollten die Hersteller beitragen, um die Arbeit der Einsatzkräfte leichter und risikoärmer zu machen?

Ein brennendes Elektroauto ist eine erhebliche – und für viele Feuerwehren auch neue – Herausforderung.
Foto: TÜV Süd

Löschmittel im Test

Die Antworten suchte man 2019 im Tritolwerk, einem Katastrophenübungsplatz nahe Wiener Neustadt. Zwei Tage lang experimentierte man hinsichtlich des Brandverhaltens der Akkus und der Wirkung verschiedener Löschmittel. Als Versuchsobjekte für die Löschexperimente der Feuerwehr sowie die Emissionsmessungen durch die Experten vom TÜV Süd dienten unterschiedliche Akku-Modelle sowie ein vollständiges Elektroauto. Eingebunden in Tests und Auswertung waren zudem das Joint Research Centre der Europäischen Kommission, der wissenschaftliche Dienst der EU-Kommission sowie die Berufsfeuerwehr Hamburg. Nun liegen erste Ergebnisse vor.

Erprobt hat man fünf verschiedene Löschmittel: Glasperlen, Löschgel, metallisches Brandpulver, Schaum sowie Wasser. Das Metallpulver sowie die Glasperlen erzielten keine "nennenswerten Ergebnisse", erklärt dazu Roman Sykora, Einsatzoffizier der Wiener Berufsfeuerwehr und Sachgebietsleiter beim ÖBFV. Diese wirken erst bei Oberflächentemperaturen ab 1000 Grad Celsius, die auf der Oberfläche der entzündeten Akkus – hier entstehen Temperaturen von mehreren hundert Grad – nicht erreicht wurden. Schaum, Wasser und Gel hingegen zeigten sich deutlich besser geeignet zur Bändigung des Brandes.

Foto: TÜV Süd

Jedoch gibt man zu bedenken, dass man unter Idealbedingungen testen konnte, also direkten Zugang zu den Akkus hatte. In der Realität sind die die Energieträger aber oft unzugänglich verbaut, sodass es schwierig ist, das Löschmittel direkt einzubringen. Manche Hersteller rüsten ihre E-Autos seit einiger Zeit mit einem sogenannten "Fireman Access" aus, also einer Zugangsmöglichkeit zu den Akkus, der für eben solche Notfälle gedacht ist. Eine standardisierte Lösung existiert allerdings nicht. Eine solche könnte die Arbeit der Feuerwehren wesentlich erleichtern.

"Kill Switch" gefordert

Ins Gespräch bringt man auch einen "Kill Switch" analog zum Motorsport. Zwar ist es möglich, ein Fahrzeug stromlos zu schalten, doch gibt es auch hier kein einheitliches Verfahren. Die Einsatzkräfte müssten diese also im Ernstfall "mühevoll suchen und kennen", so Sykora.

Foto: TÜV Süd

Notwendig wäre so ein Abschaltmechanismus auch, um das Risiko für Probleme nach der Löschung einzugrenzen. Denn selbst über den Fireman Access gelangen Einsatzkräfte mit ihrem Löschmittel nur bis zur Außenseite der Akkus, aber nicht in ihr Inneres. "Wir kommen nur an die Oberfläche der Batterie und können dort kühlen.

Die eigentlich zu stoppende Reaktion im Inneren wird nicht angetastet", sagt Sykora. "Erste Versuche, Löschmittel direkt in die Zellen zu bringen, gibt es bereits. Es besteht aber nach wie vor Forschungsbedarf." Grundsätzlich kann eine solche "Wiederreaktion" selbst Wochen nach dem ersten Brand auftreten.

Fälle aus der Praxis

Die Risiken der Löschung eines E-Autos zeigten etwa der Fall eines 2017 auf der Arlbergschnellstraße verunfallten Tesla. Dieser fing infolge einer Kollision mit einer Betonleitwand Feuer. Die Feuerwehr Landeck musste schließlich mit Atemschutzmasken ausrücken und konnte den Brand erst löschen, nachdem es gelang, die Spannungsversorgung der Akkus zu kappen.

Ein 2018 in Kalifornien in einen tödlichen Crash involvierten Tesla Model S beschäftigte die Einsatzkräfte auch nach der ersten Löschung des Brandes weiter. Der Wagen fing während der Vorbereitung des Abtransportes sowie bei der Entladung erneut Feuer.

Foto: TÜV Süd

"Problematische", aber "nicht kritische" Emissionen

Um die durch einen Akkubrand verursachten Emissionen möglichst nah am Brandherd messen zu können, bedienten sich die Experten des TÜV Süd im Tritolwerk einer eigens konstruierten Haube aus Stahl, mit der man auch die Sicherheit aller Beteiligten gewährleisten konnte. Neben "klassischen Verbrennungsprodukten" stellte man auch höhere Werte von Lösungsmitteln fest, die in den Lithium-Ionen-Akkus verwendet werden. Menge und Zusammensetzung unterschieden sich dabei teils stark von Fall zu Fall.

Die Emissionen seien zwar "problematisch", aber nicht als "kritisch" einzustufen, sofern bei der Löschung "gebotene Sicherheitsmaßnahmen" eingehalten werden, erklärt Robert Hermann, Leiter des Geschäftsbereiches Umwelttechnik und Klimaschutz des TÜV Süd in Österreich. Der Versuch habe gezeigt, dass Einsatzkräfte in Zukunft noch mehr Wert auf Kontaminationsschutz legen sollten.

Foto: TÜV Süd

Fazit

"Derzeit verfügbare Löschverfahren sind nur eingeschränkt tauglich", um mit brennenden E-Autos umzugehen, heißt es zusammenfassend, weswegen weitere Forschung notwendig sei. Im Hinblick auf den Umgang und Schutz vor Emissionen bei solchen Bränden erarbeitet man derzeit, auch auf Basis der Messungen in diesem Feldversuch, Handlungsanweisungen und Empfehlungen.

Zudem richtet man einen Appell an die Autohersteller. Um effektivere, schnellere und sicherere Löscharbeiten zu ermöglichen, sollen diese gemeinsame Standards für den Zugang zu den Akkus und ihre "Stromlos-Schaltung" schaffen. (gpi, 7.7.2020)