Das Eckhaus aus dem 19. Jahrhundert beschäftigt seit zwei Jahren die Gerichte.

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Vor etwas mehr als zwei Jahren wurde vor dem Eckhaus Radetzkystraße 24–26 in Wien-Landstraße ein Gerüst errichtet und mit dem Abbruch begonnen, obwohl noch Mieter im Haus lebten. Der Eigentümer, ein Wiener Immobilienunternehmer, wollte vor einer Gesetzesänderung, die alte Häuser besser schützen soll, noch schnell Tatsachen schaffen. Der Abbruch wurde gestoppt, die im Haus verbliebenen Mieter mussten aber seither ohne Dach leben. Auch einige Fenster waren aus unbewohnten Wohnungen bereits herausgerissen worden.

Der Fall hat seither die Gerichte beschäftigt. Vor wenigen Wochen bestätigte der Oberste Gerichtshof die Entscheidungen von Bezirksgericht und Landesgericht, der STANDARD berichtete. Der Eigentümer muss demnach Dach und Fenster wiederherstellen – und zwar schon bis Juli, wie die Stadt Wien am Mittwoch in einer Aussendung betonte, da eine entsprechende Frist bereits nach der Entscheidung des Landesgerichts zu laufen begonnen hat.

Im Wohnbauressort berichtet man auch, dass der Eigentümer mittlerweile entsprechende bauliche Maßnahmen gesetzt hat. Die Baupolizei (MA 37) habe bestätigt, dass diese in Ordnung sind. Allerdings wurde kein Giebeldach, sondern ein Flachdach errichtet, "aber das war ja auch nicht vorgeschrieben im Urteil", betont Mieterhilfe-Chef Christian Bartok. Bei der Mietervereinigung, die das Verfahren für die Mieter geführt hat, befürchtete man zuletzt allerdings, dass es sich bei den baulichen Maßnahmen wieder nur um Provisorien handelt – und bezeichnete den OGH-Beschluss nur als "Etappensieg". Auch ein Bewohner des Hauses erzählt von Provisorien, die errichtet wurden.

Kaum Schikanen

Für die Stadt ist der OGH-Beschluss nun aber richtungsweisend. Etwaige künftige Verfahren würden dadurch verkürzt, zudem habe er auch eine Signalwirkung auf andere Hauseigentümer: "Es kann nicht sein, dass ein Investor ein historisches Gebäude zerstört, die Mieterinnen und Mieter aus dem Haus treibt und dann noch einen Gewinn daraus zieht", betont Wohnbaustadträtin Kahtrin Gaal (SPÖ) in der Aussendung.

Mieterhilfe-Chef Bartok betont im Gespräch mit dem STANDARD aber auch, dass sich die Schikanen von Hauseigentümern, die Bewohner mit günstigen Altmietverträgen loswerden wollen, in Wien sehr in Grenzen halten, "vor allem wenn man sich Städte wie Berlin anschaut".

Mitte Juli will man sich vonseiten der Stadt gemeinsam mit den verbliebenen Mietern der Radetzkystraße 24–26 ein Bild vom Haus machen. Bartok hofft, dass nun überhaupt Bewegung in die Sache kommen könnte – auch weil der Hauseigentümer sich im Gespräch mit den Mietern befinde. (Franziska Zoidl, 8.7.2020)