Kein Geschenk, sondern Pose: die in Verena Denglers Schau nachgebaute Gstettn und die verantwortliche Gärtnerin Barbara Urbanic als Bronze. Sie postet Fotos von Blumen auf Instagram.

Foto: Apollonia T. Bitzan

Szene aus "Die Galeristin und der schöne Antikapitalist" auf Verena Denglers Instagram-Account.

In den 1960ern begannen Künstler die Bedingungen, unter denen sie arbeiten, also den Kunstmarkt und seine Institutionen, in ihren Werken zu problematisieren. Institutional Critique heißt diese Strömung. In der Wiener Secession hat Verena Dengler eine solche Betriebskritik aufgebaut. Betritt man ihre Ausstellung, steht man zwischen zwei sterilen weißen Kojen wie auf einer Kunstmesse. Rechterhand inszeniert die Galerie Meyerheim ihren Auftritt arrivierter Cash-Cows, da hängen Punktgemälde im Stil von Damien Hirst. Links hat sie ihren Project Space mit mutmaßlich junger, frecher, wilder Kunst aufgeschlagen. Eine Serie mit auf Leinwände geklebten Dollars findet sich dort, ein Neonschriftzug oder an die Wand gehängte minimalistische Sperrholzrechtecke.

Herzstück des Project Space ist der Groschenroman Die Galeristin und der schöne Antikapitalist, an dem Dengler schreibt und den sie für ihren Instagram-Account schon teils verfilmt hat. Ein Video davon, in dem Dengler mit ihrer Galeristin (dargestellt von einer Schauspielerin) skypt, läuft in der Schau. Der Antikapitalist ist Leon Goldberger, ein Spanier mit Migrationshintergrund, der mit einer Junggaleristin in den Slums von Mumbai nach jungen Künstlern sucht und ihr danach in ihrer neuen Bulthaup-Küche näherkommt. Die Galeristin macht freundliche Miene zum sie eher anödenden Buchplot, sie muss los und ein interdisziplinäres Flüchtlingsprojekt an einen Sammler verkaufen.

Erfolg mit Ironie

Der Ironiemotor läuft immer auf Hochtouren, wenn die 1981 in Wien geborene Dengler am Werk ist. Ursprünglich wollte sie Bühnenbildnerin werden, heute macht sie anspielungsreiche Malerei, Collagen, Objekte, Installationen – mit regem Erfolg. Sie hat Soloschauen in der Kunsthalle Bern oder im Mumok gezeigt, war in Gruppenschauen im Belvedere 21 oder den USA vertreten, viele heimische Institutionen (Belvedere, Mumok, MAK, Lentos Linz, Rupertinum Salzburg) haben Werke Denglers in ihren Sammlungen, und 2018 gewann sie den Strabag Artaward International. Sie kennt also das Business gut, dessen Spielregeln sie so ungern hinnimmt. Bei der Pressekonferenz zur Schau wollte sie nicht auftreten: Es sei nicht ihre Aufgabe, ihre Arbeit zu vermitteln.

Dengler ist aber auch Mitglied der feministisch-antirechten Burschenschaft Hysteria und war auch am Fake-Song-Contest-Beitrag von Hyäne Fischer vor zwei Jahren beteiligt. Institutional Critique allein greift als Schlagwort also zu kurz. Geht man näher an die Dollarscheine heran, entpuppen sie sich als "Vengadollars", die vor einem Jahr von der gleichnamigen Band am Ballhausplatz unters Partyvolk gestreut wurden, als sie mit dem Regierungskracher We’re going to Ibiza aus politischer Aktualität zu Gast in Wien war.

Ironie mit Anliegen

Das ist plakativ und dadurch auch schnell überblickt. Bleiben die Kojen so letztlich etwas zu stellvertretend und flapsig, sollte die Ironie nicht über Denglers Anliegen hinwegtäuschen. Die Schau mit dem Titel Die Galeristin und der schöne Antikapitalist auf der Gothic Gstettn (Corona Srezessionsession Dengvid-20 :-)) setzt fort, was Dengler schon lange beschäftigt und im hinteren Teil des Raumes subtiler bearbeitet wird. Ein kleiner Teich erweitert dort die erst nur auf den Kunstmarkt angewandten Fragen nach Macht in Richtung sozialer Ungleichheit und rechter Politik.

Rund um das Wasserbecken wachsen verdorrte Gräser: Es ist der Badeteich Hirschstetten im 22. Gemeindebezirk, wo Dengler wohnt. Zwischen den unbescholtenen Pflanzen blühen auf dieser Gstettn auch Kornblumen als Verweis auf die FPÖ. Vor dem Teich wiederum steht eine Bronzeskulptur auf einem Terrazzoboden. Der potenziell teure Belag ist auf billige Art ausgeführt: nicht vor Ort gelegt, sondern als Fliesen. Konterkariert dort an der Wand das bunte Aquarell eines Dachpools etwa die Lache? Peripherie und Zentrum, Arbeiter und Eliten, starre Strukturen: brachliegende Fragen, mit großer Geste angefasst. (Michael Wurmitzer, 8.7.2020)