Hier sprechen allein die Namen: "Wessi" (Uisenma Borchu) und "Ossi" (Gunsmaa Tsogzol) in der Weite des Mittleren Ostens.
Foto: Alpenrepublik

Sie will nicht gehorsam, gezähmt und wohlerzogen sein. Also schnappt die in Deutschland lebende Wessi ihre Siebensachen und fliegt in ihre mongolische Heimat. Was sie sich von ihrer Heimkehr erwartet, lässt Schwarze Milch, der zweite Spielfilm von Uisenma Borchu (Buch, Regie und Hauptrolle) ebenso wie die Vorgeschichte seiner Protagonistin weitestgehend offen. Ihr zackig angeschnittenes bisheriges Beziehungsleben verlief wohl nicht optimal, ihre ihr entfremdete Schwester Ossi (Gunsmaa Tsogzol) und die übrige, nach wie vor nomadisch lebende Steppensippe treten der rauchenden und manikürten Wessi aber auch nicht übertrieben überschwänglich entgegen.

Ob in der Enge der Jurte oder der Weite der mongolischen Landschaft, schnell nehmen die Probleme zu. Nachts lauern Wölfe – durchaus auch in Menschengestalt –, und tagsüber ist das Vieh auf traditionelle Weise zu schlachten. Der Umstand, dass die nicht nur von Pflichtbewusstsein angetriebenen Männer ihre Frauen oft auf unbestimmte Zeit allein lassen, sorgt dabei nicht für Erleichterung. Dass sich die Mittdreißigerin Wessi ausgerechnet nach dem älteren Terbish (Terbish Demberel) verzehrt, der als ewiger Junggeselle einen zweifelhaften Ruf genießt, steigert die Anspannung zusätzlich.

Dass sich die Mittdreißigerin Wessi ausgerechnet nach dem älteren Terbish (Terbish Demberel) verzehrt, der als ewiger Junggeselle einen zweifelhaften Ruf genießt, steigert die Anspannung zusätzlich.
epd Film

Exotisches Setting

Mit jeder Episode nimmt jedoch der Eindruck zu, dass Schwarze Milch keine sich entwickelnde Geschichte auserzählen möchte. Vielmehr wird mit der Gegenüberstellung von Wessi und Ossi durchdekliniert, was es für eine Frau heißt, sich in eine Gesellschaft (nicht) einzufügen.

Wirkliche Spannung entsteht daraus jedoch leider nicht. Seinen größten Reiz bezieht der Film vielmehr aus seinem exotischen Setting, aus seinem dokumentarischen Blick auf das Leben in der mongolischen Steppe. Auch die Passagen, in denen Borchu mit expressiven Schnitten Momente extremer Emotionen verbildlichen will, wirken nicht so stark wie jene, in denen der Raum für ruhiges Beobachten gegeben wird. Und wie man im Land von Dschingis Khan eine Ziege tötet, wird, wer es einmal gesehen hat, mit Sicherheit nicht vergessen. (Dorian Waller, 9.7.2020)