Politiker und Parteien hätten ausschließlich die nächste Wahl im Fokus – das ist eine oft geäußerte Kritik verärgerter Wähler. Bei manch versprochenen Wahlzuckerln mag das zutreffen. Bei Großprojekten und politischen Richtungsentscheidungen laufen die Vorwürfe aber ins Leere: Vorbereitung, Umsetzung und Eröffnung halten sich nicht an Legislaturperioden.

Das Projekt Wiener Donauinsel – als Nebenprodukt des Hochwasserschutzes für die Stadt – wurde etwa nach langen Diskussionen 1969 im Gemeinderat beschlossen und nach dem Baustart 1973 erst 1987 weitgehend finalisiert. Die ÖVP, die vehement dagegen auftrat, beendete deswegen 1973 sogar die Koalition mit der SPÖ.

Auch die Umsetzung einiger Projekte, die von der aktuellen rot-grünen Stadtregierung beschlossen wurden, wird Jahre dauern – und damit auch die kommende Koalition beschäftigen, egal, wie sich diese zusammensetzt. So sieht zum Beispiel die Smart-City-Strategie der Stadt vor, bis 2030 die CO2-Emissionen pro Kopf im Verkehrsbereich um die Hälfte zu reduzieren. Um das zu erreichen, muss der Autoverkehr deutlich zurückgedrängt und die Öffi-Nutzung attraktiviert werden.

DER STANDARD hat sich den Status quo von vier Großprojekten angesehen, deren Auswirkungen – leider – erst in einigen Jahren sichtbar werden.

Ausbau des Wiener U-Bahn-Netzes

Der offizielle Baustart erfolgte im Herbst 2018.
Foto: APA / Georg Hochmuth

Im März 2014 verkündete der damalige Stadtchef Michael Häupl (SPÖ) den Bau der neuen U5. Der Baubeginn für das U2/U5-Linienkreuz erfolgte im Herbst 2018. Konkret soll die neue U5 vom Karlsplatz via Rathaus zum Frankhplatz fahren. Die U2 zweigt künftig vom Rathaus ab und steuert den Matzleinsdorfer Platz an.

Der Zeit- und wohl auch der Kostenplan für diese erste Ausbaustufe des Milliardenprojekts sind aber nicht zu halten: Wegen zu hoher Angebote von Firmen für Bauaufträge zogen die Wiener Linien im November 2018 die Notbremse und schrieben neu aus. Das Verfahren ist weiterhin am Laufen, heißt es von den Wiener Linien zum STANDARD. Die neue U5 soll 2025 ihren Betrieb aufnehmen: Ob das hält, ist aufgrund der Verspätung bei der Ausschreibung fraglich.

Mehrzweckarena für 20.000 Besucher

Bis 2026 – zwei Jahre später als gedacht – sollen in St. Marx Konzerte und Sportevents für bis zu 20.000 Fans stattfinden.
Foto: Soyka-Silber-Soyka-Architekten

Vorbilder in puncto Dimension und Erscheinungsbild sind die Londoner O2-Arena oder die Lanxess-Arena in Köln: In St. Marx, auf einem Teil des ehemaligen Schlachthofareals, soll eine neue Mehrzweckhalle für bis zu 20.000 Fans entstehen. Die Stadthalle hätte dann als Location für Großevents in Sachen Sport und Konzerte ausgedient – sofern diese nach Corona wieder erlaubt werden. Das Projekt hatte der damals designierte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im März 2018 noch ohne Details angekündigt. Anfang 2020, noch vor Corona, erfolgte der Start des Architekturwettbewerbs. Die Stadt rechnet allein mit Baukosten in Höhe von bis zu 250 Millionen Euro. Zuletzt nannte die Stadt 2026 als Fertigstellungstermin – zwei Jahre später als zunächst angepeilt.

Wienweites Parkpickerl, verkehrsberuhigte City

Ein Wien-weites Parkpickerl soll nach der Wahl umgesetzt werden. Ob die Einfahrtsverbote für Autos in die City noch im Sommer oder Frühherbst kommen, entscheidet sich erst.
Foto: APA / Herbert Neubauer

SPÖ und Grüne haben sich erst vergangene Woche für ein wienweites Parkpickerl und damit für das Ende des bisherigen Fleckerlteppichs ausgesprochen. Geplant sind eine einheitliche Gültigkeitsdauer und gestaffelte Tarife: je weiter in der Innenstadt, desto teurer. Die Ausgestaltung des Modells obliegt aber der neuen Regierung nach der Wien-Wahl: Die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein schaffte es nicht, hier noch eine Einigung mit den Roten zu treffen. Das angepeilte kostenpflichtige wienweite Parkpickerl tragen aber auch ÖVP und Neos mit. In der Innenstadt einigte sich Hebein mit dem türkisen Bezirkschef Markus Figl auf ein Einfahrtsverbot in die City – mit Ausnahmen. Ludwig hält sich sein Placet zur Umsetzung noch offen, er will Nachbarbezirke stärker eingebunden sehen.

Neuer Busterminal samt Hotel- und Bürokomplex

Der neue zentrale Busterminal soll 2024 oder 2025 fertig sein. Hier im Bild ist der Leipziger Busbahnhof.
Foto: imago images/Peter Endig

Auch der neue Fernbusterminal der Hauptstadt hat eine langjährige Geschichte hinter sich: Bereits 2014 sprach sich die damalige Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) angesichts des zunehmenden Fernverkehrs für einen neuen, zentralen Busbahnhof aus. Eine Studie favorisierte auch in Sachen Verkehrsbelastung den Verteilerkreis, Favoriten leistete Widerstand. Im März 2019 wurde der Standort neben dem Dusika-Stadion präsentiert, die Sport-&-Fun-Halle muss weichen. Geplant ist ein zweigeschoßiger Busbahnhof mit rund 34 Haltestellen. Ein Büro- und Hotelturm soll Teil des Komplexes werden. Die Stadt will über die Wien-Holding 200 Millionen Euro investieren. Nächste Schritte: Architekturwettbewerb und Umwidmung. 2024 oder 2025 soll das Ding fertig sein. (David Krutzler, 9.7.2020)