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Nach Simon Wiesenthal ist unter anderem auch das Simon Wiesenthal Center benannt, das sich gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzt. Ein Preis des Österreichischen Parlaments soll nach dem Willen der FPÖ aber nicht seinen Namen tragen.

Foto: APA / AFP / Getty / Brown

Wien – Dass die FPÖ der Schaffung eines Simon-Wiesenthal-Preises im Nationalrat nicht zustimmen will, sorgt für Kritik durch Ariel Muzicant, Vizepräsident des European Jewish Congress (EJC) und einst Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). "Die Kellernazis haben sich durchgesetzt", titelte er am Mittwoch eine Presseaussendung. Auch die grüne Kultursprecherin Eva Blimlinger kritisierte die Freiheitlichen massiv und sprach von "Niedertracht". Der ÖVP-Sprecher für internationale Entwicklung, Martin Engelberg, teilte in einer Aussendung mit, die Freiheitlichen würden seiner Ansicht nach die Opfer der Shoah mit ihrem Verhalten verhöhnen.

Der Preis, der mit 30.000 Euro dotiert ist, soll einmal jährlich an bis zu drei Personen oder Personengruppen als Auszeichnung für ihr besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für die Aufklärung über den Holocaust verliehen werden. Benannt werden soll er nach dem Holocaust-Überlebenden Simon Wiesenthal, dessen Recherchen unter anderem die Verwicklung mehrerer prominenter Österreicher in die Planung und Durchführung der Shoah und in Kriegsverbrechen der Nazis offengelegt hatten.

"Wahres Gesicht" der FPÖ

Muzicant thematisierte, dass die FPÖ mit dem Namen des Preises nicht einverstanden ist. "Wohl deswegen, weil Simon Wiesenthal nach der Befreiung aus dem KZ sein ganzes Leben damit verbracht hat, Nazi-Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen? Waren wohl zu viele FPÖ-(VDU-)Politiker darunter? Hat er zu oft die Nähe zum Nationalsozialismus und den Antisemitismus in der FPÖ aufgedeckt?", fragte er. Vor zwei Jahren habe es so gewirkt, dass Heinz-Christian Strache den "braunen Dreck" aus der FPÖ ein für alle Mal habe verbannen wollen: "Das war wohl nichts! Jetzt zeigt die FPÖ wieder ihr wahres Gesicht."

Einen Abänderungsantrag der FPÖ, den Preis statt nach Wiesenthal nach Ex-Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ) zu benennen, nannte Blimlinger in ihrer Aussendung am Abend ein "besonders niederträchtiges Vorhaben". Kreisky hatte in der Affäre um den Ex-FPÖ-Chef Friedrich Peter und dessen SS-Mitgliedschaft diesen in den 1970er-Jahren gegen Wiesenthal verteidigt. Peter war nach Recherchen Wiesenthals Mitglied einer SS-Einheit gewesen, die auch mit Massenmorden an der Ostfront in Verbindung stand. Auch die SPÖ lehnt die Idee, diesen Preis nach Kreisky zu benennen, ab.

"Verhöhnung der Opfer der Shoah"

ÖVP-Entwicklungssprecher Engelberg wiederum nannte den Preis eine "sehr schöne Initiative". Dass die FPÖ nicht zustimmen wolle, sorge bei ihm für "Entsetzen". Die von der Partei vorgeschlagene Umbenennung in Bruno-Kreisky-Preis würde seiner Ansicht nach eine "Verhöhnung des Andenkens an die Opfer der Shoah insgesamt" bedeuten. Die FPÖ stelle sich "nicht nur abseits des politischen und menschlichen Anstandes".

Auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der sich für den Preis eingesetzt hatte, meldete sich am Vormittag – untypischerweise – in der Nationalratsdebatte zu Wort. Es seit "ärgerlich, wenn wir uns um Namen streiten". Wiesenthal sei "unbequem" im Sinne eines bürgerlichen Engagements gewesen. Er selbst habe seine Familiengeschichte recherchiert, und das sei "leidvoll gewesen, dass es nicht nur Opfer gab, sondern auch Täter". Erst, wenn jeder im Wirtshaus aufstehe, wenn ein Witz gemacht werde, werde es gelingen, den Antisemitismus wirklich einzudämmen. Er forderte das ganze Parlament dazu auf, zu reflektieren und umzukehren und ein gemeinsames Ganzes zu finden.

Vergeblich: Die FPÖ meldete sich am Abend ebenfalls mit einer Aussendung zu Wort. Was gegen den Namen Simon Wiesenthals spreche, ist dieser nicht zu entnehmen. Stattdessen betont Verfassungssprecherin Sabine Fürst, was aus Ihrer Sicht Kreisky als Namensgeber auszeichnen würde. Dieser sei 1938 durch seine Flucht nach Schweden den Nationalsozialisten entkommen, später habe er ein weltoffenes Österreich mitentwickelt. Die Kritiker der FPÖ, darunter Engelberg, den sie namentlich nannte, müssten "lernen, mit anderen Meinungen umzugehen".

Unabhängig von der Ablehnung durch die FPÖ hat der Preis allerdings am Dienstag bereits den Verfassungsausschuss des Nationalrats passiert. Am Mittwochabend wurde er auch im Nationalrat beschlossen. (red, 8.7.2020)