Die steuerlichen und bilanziellen Vorwürfe ist Wilhelm Haberzettl los.

Foto: BWSG / Josef Vorlaufer

Wien – Das von Funktionären der Eisenbahn- und Dienstleistungsgewerkschaft Vida betriebene Ermittlungsverfahren gegen den früheren ÖBB-Betriebsratschef Wilhelm Haberzettl und seinen Co-Geschäftsführer bei der Eisenbahnerwohnbaugenossenschaft BWSG erodiert. Zumindest an einer Nebenfront. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren in den bilanziellen und finanztechnischen Punkten Anfang Juni eingestellt.

Haberzettls Rechtsbeistand, Norbert Wess, bestätigte dies auf Anfrage des STANDARD. Der Vorwurf, Haberzettl habe als Chef der BWSG gemeinsam mit Co-Geschäftsführer Andreas H. die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Wohnbaukonzerns falsch dargestellt und somit bedeutsame wesentliche Informationen zu latenten Steuern im Ausmaß von einer Millionen Euro "in unvertretbarer Weise unvollständig dargestellt", wird von der Anklagebehörde nicht weiterverfolgt. Die Verfahrenseinstellung umfasst auch den nach einer Sonderprüfung durch die Wirtschaftsprüfer von PwC erhobenen Vorwurf, die Konzernabschlüsse 2016 und 2017 seien fehlerhaft, Genossenschaft und Gläubiger somit geschädigt worden.

Zu billig verkauft

Der Tatbestand sei nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Verdachtsintensität nachweisbar, heißt es in der Benachrichtigung der Behörde.

Nicht vom Tisch ist freilich der weit härtere Vorwurf, der Untreueverdacht. Wie mehrfach berichtet, wird den beiden im Februar 2019 entlassenen BWSG-Vorstandsdirektoren vorgeworfen, zwei BWSG-Wohnhausanlagen zu billig verkauft zu haben. Durch die Veräußerung der Liegenschaften in der Marxergasse und in der Treustraße (beide in Wien) sei der Gemeinnützigen allgemeinen Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft (BWSG) ein Schaden in Höhe von 2,5 Millionen Euro zugefügt worden.

Gutachter als Käufer

Die Umstände der Käufersuche und der Transaktionen scheinen in der Tat ungewöhnlich und sind und reich an Wendungen, denn den Zuschlag für die Marxergasse erhielt mit der SWRT just jene Projektgesellschaft, an der der Gutachter beteiligt war, der zuvor im Auftrag der BWSG den Verkehrswert ermittelt hatte. SWRT zahlte letztlich 13,26 Millionen Euro und gab Investitionszusagen im Volumen von 2,5 Millionen Euro. Da die Wohnungen nicht frei verkäuflich seien, sondern dem genossenschaftlichen Quadratmeterpreis unterlägen, hätten die Banken es abgelehnt, Käufer zu vermitteln, versichern die beschuldigten Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ebenso wie die Käuferseite. Für alle gilt die Unschuldsvermutung. Im Juli 2019 wurden Büros und Wohnungen gefilzt und Konten geöffnet. (Luise Ungerboeck, 9.7.2020)