Dass es zu einer lokalen Internetabschaltung in Dresden-Neustadt kommt, ist trotz des Beschlusses nicht anzunehmen.

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Nicht nur in der Europa- und Bundespolitik, sondern auch auf Bezirksebene gibt es immer wieder das eine oder andere Kuriosum zu erleben. Einen durchaus verwunderlichen Beitrag zur erweiterten Kategorie "Netzpolitik" gibt es aus der sächsischen Landeshauptstadt Dresden zu vermelden.

Dort fand sich jüngst der Stadtbezirksbeirat des Stadtteils Neustadt zu einer Sitzung zusammen, um über Anträge lokalpolitischer Natur abzustimmen. Die Abstimmung sollte einige Turbulenzen nach sich ziehen, denn eine Mehrheit der Anwesenden sprach sich dabei für eine Abschaltung des Internets in Neustadt an zwei Sonntagen aus – nicht unbedingt mit Absicht.

Änderungsantrag der "Partei" angenommen

Was war passiert? Die FDP hatte einen Antrag formuliert, mit dem sie die Möglichkeit dafür schaffen wollte, dass an zwei Sonntagen bis Jahresende die örtlichen Geschäfte von 12 bis 18 Uhr aufsperren dürfen. Gedacht war dies als Kompensationsmaßnahme für zwei Corona-bedingt entfallene Veranstaltungen, die den Anbietern eine bedingte Sonntagsöffnung ermöglicht hätten.

Das rief Stadtbezirksbeirätin Charlotte Brock auf den Plan, die für das als Partei organisierte Satireprojekt "Die Partei" in der Bezirksvertretung sitzt. Sie reichte zwei Abänderungsanträge zur FDP-Vorlage ein. "Verkaufsstellen" sollte durch "Internet" ersetzt werden und "öffnen dürfen" mit "abzuschalten".

Der Originalantrag fand Zustimmung durch neun der 15 Mandatare, de Abänderungsantrag wurde gleich von zehn Mitgliedern unterstützt (Die Linke, Grüne sowie die Vertreterin der AfD und Brock selbst).

Oberbürgermeister nun am Zug

Es ist allerdings unklar, wie viele der Zustimmenden den Änderungsantrag eigentlich zuvor zur Kenntnis genommen hatten. Der Verfasser des ursprünglichen Antrags, der schon im Juni vorgelegt wurde, war bei dieser Abstimmung nicht vor Ort. Ulla Wacker von den Grünen wird mit den Worten zitiert, dass sie den "Partei"-Änderungsantrag "witzig" fand, man damit deutlich mache, dass das Internet "der größte Konkurrent" des lokalen Einzelhandels sei und "es nicht mit einzelnen verkaufsoffenen Sonntagen getan ist".

Die CDU hat über ihren Ortsverband mit Empörung reagiert. Die Sonntagsöffnungen wären ein "positives Zeichen an Händler und Bürger" gewesen. Eines demokratischen Gremiums sei eine solche Entscheidung "unwürdig", es werde "Klamauk" auf dem "Rücken der Bürger" betrieben, hieß es in einer Stellungnahme.

Für etwaige Sonntagsöffnungen in Dresden-Neustadt muss nun wohl erneut ein Antrag gestellt und abgestimmt werden. Mit dem gefällten Beschluss muss sich hingegen nun Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) auseinandersetzen. Aus einer Reihe von technischen und gesetzlichen Gründen gilt es allerdings als praktisch ausgeschlossen, dass die Internetabschaltung umgesetzt wird. (gpi, 9.7.2020)