Verteidigungsministerin Tanner ist mit heftiger Kritik konfrontiert. Jetzt kündigt sie zusätzliches Geld für die Miliz an.

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Wien – Die Opposition hat am Donnerstagvormittag einen gemeinsamen Misstrauensantrag gegen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) vorgestellt. Die Wehrsprecher Robert Laimer (SPÖ), Rainhard Bösch (FPÖ) und Douglas Hoyos (Neos) kritisierten bei ihrem Auftritt fast wortgleich die Verteidigungsministerin als "orientierungslos". Das Bundesheer sei kein "technischer Hilfsdienst, sozusagen als Konkurrenz für die Feuerwehr", sagte Laimer, sondern für die Landesverteidigung zuständig. Tanner versuche die Opposition an der Nase herumzuführen, wenn sie nun Dialog anbiete. Das werde man sich nicht gefallen lassen. Daher gelte aus seiner Sicht: "Rücktritt jetzt".

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Auch Bösch sprach von Täuschungsmanövern. Dass die Ministerin jetzt das Parlament einbeziehen wolle, sei "ein großer Schwindel". Es besteht aus seiner Sicht kein Zweifel daran, dass "alles so durchgezogen wird, wie es im Regierungsprogramm steht". Das Ziel dabei sei, "die Strukturen des Bundesheers zu ruinieren". Das sei kurzsichtig, so Bösch, man habe vor den vergangenen Einsätzen des Bundesheers nie gewusst, dass diese Fälle eintreten werden. Auch Geschehen im Inneren Österreichs brachte er mit dem Bundesheer in Verbindung, etwa die "Ereignisse in Favoriten". Bösch kritisierte das Schweigen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zur Causa.

Tanner kontert mit Spruch

Neos-Wehrsprecher Hoyos kritisierte wiederum den schweigsamen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Wenn Minister Probleme verursachen würden, sei Kurz "noch immer in Deckung gegangen". Der jüngste "Zickzackkurs" Tanners, die "über Nacht" beschlossen habe, doch das Leasing neuen Fluggeräts in den Ministerratsvortrag zu schreiben, habe auch für ihn gezeigt, dass das Maß voll sei. Daher trügen auch die Neos den Misstrauensantrag mit.

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Auf den bereits vorab kolportierten Misstrauensantrag reagierte Tanner bei einer separaten Pressekonferenz zuerst mit einem Lächeln und dann mit folgendem Spruch: "Der Kritiker ist ein Mann, der alles weiß, aber nicht alles kann." Sie werde sich dem Misstrauensantrag stellen. "Es ist Aufgabe der Opposition, sich kritisch mit der Regierung und den Ministern zu beschäftigen", so Tanner.

200 Millionen mehr für Miliz

Tanner kündigte außerdem zusätzliche 200 Millionen Euro für die Miliz an. Die vergangenen Wochen und Monate in der Corona-Krise hätten gezeigt, wie wichtig eine starke Miliz sei. Aber "es ist nicht alles zu 100 Prozent rund gelaufen". Deswegen habe man beschlossen, den Milizeinsatz zu evaluieren.

Konkret sollen 88 Millionen Euro in Ausrüstung wie etwa Tarnanzüge, Nachtsichtgeräte und Schutzhelme investiert werden, 28 Millionen Euro in Lagerräume, 26 Millionen sollen für die Erneuerung von Fahrzeugen ausgegeben werden, 22 Millionen für Headsets, Funkausrüstung und dergleichen; 20 Millionen werden dem Betrieb der Miliz zugutekommen und 16 Millionen für modernisierte Sturmgewehre StG77 und die Anschaffung neuer Scharfschützengewehre verwendet, so Tanner.

Außerdem soll das Besoldungsrecht angepasst und Nachteile bei der Sozialversicherung für Milizsoldaten beseitigt werden. Ebenfalls soll wieder eine modulare Offiziersausbildung möglich werden, damit eine solche auch neben dem Beruf absolviert werden kann. Somit soll das unter Kritik geratene Heer "zukunftsfiter und moderner" werden.

Umgekippter Soldat

Der Zustand des Heeres wurde von einem Soldaten unfreiwillig demonstriert. Der Mann posierte als Kulisse der Pressekonferenz mit einem weiteren Soldaten vor Bundesheer-Fahrzeugen und kippte während der Ausführungen wegen Kreislaufproblemen um. Ministerin Tanner eilte dem Soldaten sofort zu Hilfe. Er war nach wenigen Minuten wieder auf den Beinen.

Tanner äußerte sich auch zur Verwirrung über ein Leasing-Modell für die Luftraumüberwachung, das geprüft werden soll. Sie formulierte das jetzt deutlich allgemeiner als am Vortag: Hier gehe es um die Luftraumüberwachung für die kommenden 20 bis 30 Jahre.

Zudem erklärte Tanner, dass die unter ihrem Vorgänger Mario Kunasek (FPÖ) geplante Nachbeschaffung leichter Mehrzweckhubschrauber auf Schiene sei. Über die Finanzierung machte sie keine genaueren Angaben. (mesc, lalo, APA, 9.8.2020)