Referee Rubiel Vazquez, Dom Dwyer von Orlando City und Matias Pellegrini von Inter Miami vor dem MLS-Geisterturnierstart in kniender Eintracht.

Foto: AFP/ Mike Ehrmann

Orlando (Florida) – Mehr als 170 dunkelhäutige Fußballprofis reckten für acht Minuten und 46 Sekunden schweigend ihre rechte Faust Richtung Himmel. Gleichzeitig knieten die 22 Startelfspieler der Eröffnungspartie zwischen Orlando City und Inter Miami im Mittelkreis still nieder. Dazu thronte auf der Anzeigetafel die Botschaft "MLS is Black" über der Arena in Orlando. Durch das beeindruckende Statement gegen Rassismus und Polizeigewalt rückte in der nordamerikanischen Profiliga MLS zum Start des Geisterturniers für einen Moment sogar das drohende sportliche Chaos in den Hintergrund.

Die knienden Fußballer zeigten die gleiche Geste wie Football-Quarterback Colin Kaepernick vor vier Jahren. Damals hatte der afroamerikanische NFL-Profi erstmals bei einem Spiel gegen Polizeigewalt gegen Schwarze und Rassismus protestiert, er dient seitdem vielen Sportlern als Vorbild, nun auch den Fußballern. Orlandos Nani war von der Geschlossenheit der Gesten sichtlich berührt. "Es war sehr emotional", sagte der ehemalige portugiesische Nationalspieler nach Abpfiff.

"Black Players for Change"

Mit ihren Aktionen huldigten die Fußballer dem Afroamerikaner George Floyd, nach dessen Tod durch Polizeigewalt sich die Protestbewegung "Black Lives Matter" formiert hatte. "Dieses Turnier ist eine einzigartige Gelegenheit für uns, alle gemeinsam am selben Ort die Unterstützung und Solidarität füreinander und für all unsere Brüder und Schwestern zu zeigen, die sich für die Bürgerrechte einsetzen", sagte Toronto-Verteidiger Justin Morrow, der Vorsitzender der neu gegründeten Vereinigung Black Players for Change ist.

Dementsprechend versammelten sich vor dem Anpfiff alle dunkelhäutigen Profis der 25 teilnehmenden Klubs rund um das Spielfeld. Wie die Leichtathleten Tommie Smith und John Carlos bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko hatten sie ihre zum Himmel gereckten Fäuste in schwarze Handschuhe gehüllt. Mit acht Minuten und 46 Sekunden dauerte die Geste exakt so lang, wie Floyd von einem weißen Polizisten das Knie in den Nacken gedrückt bekommen hatte.

In den 60ern war die Protestgeste ein Symbol für die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung Black Power. Auf Druck des IOC wurden die 200-m-Sprinter damals vom Olympischen Komitee der USA nach dem Vorfall sofort suspendiert. Den Fußballprofis drohen dagegen nach der jüngsten Lockerung des Protestverbots durch den US-Fußballverband keine Konsequenzen.

Nashville infiziert

Neben der Solidaritätsaktion verlief der Restart sportlich mit einem 2:1 (0:1) von Orlando zwar recht unspektakulär, doch abseits des Feldes bahnt sich Ungemach an. Laut Medienberichten droht dem SC Nashville als zweitem Klub nach dem FC Dallas der kurzfristige Ausschluss vom Saisonabschlussturnier in Disney World. Nach fünf positiven Corona-Tests am Montag soll es am Dienstag vier weitere Corona-Fälle in den Reihen des Teams gegeben haben. "Wenn wir feststellen, dass wir mit Nashville eine Lage haben, in der sie das Turnier nicht fortsetzen können, werden wir diese Entscheidung treffen", sagte MLS-Commissioner Don Garber bei ESPN. Der Turnierplan wackelt damit gewaltig. Auf Garber und alle anderen Verantwortlichen kommt bis zum Finale am 11. August viel Arbeit zu.

Ebenfalls in Orlando will die NBA ihre seit 11. März unterbrochene Basketballsaison zu Ende spielen. Die Teams beziehen dieser Tage ihr Quartier, die ersten Spiele sind für 30. Juli angesetzt. Auch Eishockey soll in der NHL in dreieinhalb Wochen wieder gespielt werden. Schon einige Tage davor wollen die Baseballer in der MLV wieder loslegen. Die NFL plant am 11. September den Footballsaisonstart. (red, sid, APA, 9.7.2020)