Ludwig, Benjamin, Jasmin oder Leonie: Alle müssen zu Hause bleiben, wenn ein anderes Kind aus der Gruppe noch aufs Testergebnis wartet.

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Mama oder Papa müssen auf Sars-CoV-2 getestet werden. An ihrem Arbeitsplatz hat es einen Erkrankungsfall mit dem Coronavirus gegeben. Ist das Testergebnis von Mama oder Papa positiv, ist auch ihr Kind gefährdet, sich infiziert zu haben. Auch es muss einem Test unterzogen werden, auch wenn es keine Symptome hat, um auszuschließen, dass es das Virus in sich trägt.

Das wiederum hat Auswirkungen auf die Kinderbetreuungsstätte, die es besucht. Geben die Eltern Bescheid, dass das Kind aufgrund einer möglichen Ansteckung nicht in den Kindergarten oder in die Schule kommen kann, müssen auch alle restlichen Kinder der Gruppe oder Klasse zuhause bleiben, bis der Befund da ist. Das wiederum ist für die Berufstätigkeit der Eltern suboptimal. Bis das Testergebnis da ist können schon mal vier Tage vergehen. Vier Tage Ausnahmezustand, weil die Betreuungssituation des Kindes ungelöst ist und Eltern ihrem Beruf in dieser Zeit nicht nachgehen können.

Kein Wunder also, dass die Beschwerden – auch in Sozialen Medien – über die lange Wartedauer auf Testergebnisse zunehmen.

Corona-Beauftragte

Der Krisenstab der Stadt Wien hat bereits versucht, die Testungen zu beschleunigen. In jeder Betreuungseinrichtung, egal ob städtisch oder privat, gibt es nun Corona-Beauftragte. Sie vermitteln über die MA 15 (Stadt Wien Gesundheitsdienst) ein mobiles Testteam an die Familien zuhause weiter, wenn es zu Verdachtsfällen kommt. Die Betroffenen sparen sich also einen Anruf bei der Hotline 1450.

Das Testteam des Roten Kreuzes kommt nachhause, nimmt die Probe. Es ist allerdings nicht die einzige Probe, die das Testteam an diesem Tag nimmt. Es muss weiter zum nächsten Verdachtsfall. Erst am Abend werden alle Proben gesammelt im Labor abgegeben. Das Ergebnis liegt somit erst am nächsten Tag vor. Bis es den Familien und den Betreuungseinrichtungen kommuniziert wird, kann dann noch ein Tag vergehen. Soweit das derzeitige Prozedere, wie es in Wien praktiziert wird.

Strategie bleibt aufrecht

Im Krisenstab ist man sich bewusst, dass das lange Warten nervenaufreibend ist. Momentan sieht man aber keine Möglichkeiten, den Prozess zu beschleunigen. Wien will weiterhin die strikte Teststrategie aufrecht erhalten – sie inkludiert auch Testungen bei symptomfreien Menschen. Die Stadt kommt derzeit auf 2.000 bis 3.000 Tests pro Tag. Die Strategie habe sich bewährt, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.

Stand Mittwoch gab es in Wien aktuell fünf Coronavirus-Fälle in fünf verschiedenen Einrichtungen. Auch die Zahlen vom Monat Juni zeigen, dass die Verbreitung des Virus in Bildungseinrichtungen minimal ist. Nur zehn Prozent aller Ansteckungen waren auf Kindergärten und Schulen zurückzuführen. Zum Vergleich: 40 Prozent steckten sich im Familienverbund an, 20 Prozent am Arbeitsplatz.

Grippeimfpung soll helfen

Für Herbst arbeitet die Stadt dennoch daran, die Verdachtsfälle geringer zu halten als bisher. An der Teststrategie werde sich nichts ändern, sehr wohl aber an der Diagnostik. Sprich: Ziel ist es etwa, eine hohe Grippe-Durchimpfungsrate bei Kindern zu erreichen. Denn wenn Grippesymptome wegfallen, ist auch seltener der Verdacht da, sich mit Sars-CoV-2 angesteckt zu haben.

Auch der Bund hat bereits angekündigt, Grippeimpfungen zu forcieren. 200.000 vier- und fünfjährige Kinder sollen im Herbst kostenlos geimpft werden. Weitere 100.000 Gratisimpfdosen gibt es für Personen über 65.

Kinder keine Superspreader

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger forderte am Mittwochabend in der "ZiB 2" schnellere Testergebnisse, konkret eine "Fast Lane" für Kinder. In puncto Schulschließungen meinte sie, es sei keine Perspektive, in Hysterie zu verfallen. Kinder seien keine Superspreader, das hätten mehrere Studien ergeben. Sie erwartet sich eine entsprechende Prioritätensetzung beim Herunterfahren der Bereiche im Fall einer erneut zunehmenden Verbreitung des Virus. (Rosa Winkler-Hermaden, 10.7.2020)