"Townscaper"
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Na gut: nur noch ein letztes Städtchen. Ein paar Klicks legen das kopfsteingepflasterte Fundament mitten ins Meer, klick, schon steht da ein kleines, rot bemaltes Häuschen am Hafen. Noch ein Klick setzt daneben eine blaue Hütte; wie von Zauberhand entstehen sofort zwischen den beiden Behausungen Stufen hinab zum Wasser. Klick, klick, aus dem roten Haus wird ein zweistöckiges Anwesen, auf dessen Dach sich Vögel niederlassen. Aus dem Dach entsteht bei weiterem Aufbau ganz von selbst eine Terrasse mit Topfpflanzen, gewagt auskragende Balkone werden in Sekundenschnelle automatisch durch zierliche Pfeiler abgestützt. Zehn Minuten später ist ein Inselstädtchen entstanden, wie es auf den kitschigsten italienischen Nostalgiepostkarten nicht hübscher sein könnte – mit verwinkelten Gassen, grünen Innenhöfen, einer in weiß leuchtendem Marmor glänzenden kleinen Burg und Wäscheleinen, die sich von Turm zu Turm spannen.

Townscaper, vor einer Woche auf Steam im Early Access erschienen, ist ein ultraminimalistischer Aufbauspielsandkasten, in dem es keine Ressourcen, keine Gegner und kein Spielziel gibt. Man darf sich je nach Gusto eine Farbe aussuchen, ein Linksklick baut, ein Rechtsklick nimmt weg, man kann stufenlos drehen und zoomen – mehr gibt es nicht.

Dass die Beschäftigung mit dieser Miniaturwelt dennoch bald obsessive Züge annehmen kann, hat mit der cleveren Technik zu tun, die im Hintergrund ihr Zauberwerk verrichtet: Bei jeder Platzierung oder Wegnahme berechnet ein Algorithmus anhand der Position auf dem organisch unregelmäßigen Grundraster, der jeweiligen dementsprechend unterschiedlich geformten Grundfläche und der unmittelbaren bereits gebauten Nachbarschaft eine andere Form des gesetzten Bausteins. Aus Dachlandschaften werden bei festgelegter Größe Dachterrassen, Zubauten an Wandflächen werden unmittelbar zu hübschen Erkern, und völlig von Häusern umschlossene Plätze verwandeln sich in schmucke Grünoasen.

Der Entwickler von Townscaper, der Schwede Oskar Stålberg, der zuvor mit dem ebenso hübsch minimalistischen Echtzeitstrategiespiel Bad North in Erscheinung getreten ist, hat seine Idee von der flexiblen, sich beim Bauen stets verändernden Spielewelt bereits in kleinen kostenlosen Webexperimenten wie Brick Block und Planet erprobt, mit Townscaper wagt er das erste Mal ein kommerzielles Spiel. Obwohl: Er selbst sehe Townscaper eher als Spielzeug. So oder so: Das trügerisch kleine Spiel(zeug) zum Preis eines großen Eiskaffees hat mit über 1.500 größtenteils enthusiastischen Rezensionen auf Steam ein begeistertes Publikum gefunden.

RoManTikov

Was ist gelungen?

Der Charme von Townscaper liegt zuerst in seiner bildhübschen Präsentation: Die Miniaturstädtchen, -häuser und -konstruktionen sehen in ihrem klaren, erstaunlich detaillierten Stil einfach umwerfend hübsch aus. Das liegt an unzähligen Details, aber auch an erst auf den zweiten und dritten Blick ersichtlichen subtilen Beleuchtungseffekten wie etwa farbige Lichtreflektionen benachbarter Gebäude. Das faszinierende Herz von Townscaper ist aber der clevere Algorithmus, dessen Regeln sich beim spielerischen Bauen nach und nach erschließen.

So simpel die Aufgabe – bau, was du willst –, so erstaunlich vielfältig die möglichen Resultate: Von kleinen, bunten Altstadtlabyrinthen über gewaltige monochrome Kathedralen bis hin zu futuristischen Stelzenkonstruktionen reicht die Palette der stolz in den sozialen Medien geteilten User-Kreationen, die sich übrigens per simplem Copy-Paste als Code weitergeben lassen.

Was ist weniger gelungen?

So hübsch die Städte sind, noch fehlt es an Leben in Form von Bewohnern oder Haustieren. Und so schön entspannend der freie Baumodus auch ist: Ein wie auch immer geartetes spielerisches Regelwerk, etwa in Form von Ressourcenmanagement, einem Score oder Spielzielen, wäre als Abwechslung dazu durchaus willkommen. Und auch Komfortfeatures wie das schnellere Bauen und Löschen mehrerer Felder fehlen. Weil Townscaper noch im Early Access ist, darf man noch darauf hoffen.

Fazit

Einen derart hübschen, charmanten und minimalistischen Städtebaukasten wie Townscaper hat man noch nie gesehen: Dank schlauen Designs und faszinierenden algorithmischen Innenlebens ist es ein verblüffend immersives, sehr kreatives und entspannendes Aufbauspiel(zeug) für wirklich jeden. Aber Vorsicht: In dieser Miniwelt kann man stundenlang versinken. (Rainer Sigl, 11.7.2020)