Mifegyne dient dem Schwangerschaftsabbruch und zieht seit jeher den Ärger christlich-konservativer Kreise auf sich. (Symbolbild)

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Wien – Schon seit Jahrzehnten sorgt das Arzneimittel Mifegyne für Ablehnung und Widerstand bei Abtreibungsgegnern. Vergangene Woche kam es dennoch zu einer Liberalisierung: Künftig dürfen auch niedergelassene Frauenärzte die Tabletten verschreiben, die als medikamentöse Alternative zum chirurgischen Schwangerschaftsabbruch bis zur neunten Woche eingesetzt werden können. Bisher durfte die sogenannte Abtreibungspille nur in jenen Krankenhäusern und Ambulanzen abgegeben werden, die auch Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

Die Änderung, die allen Gynäkologen die Verschreibung gestattet, wurde vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) im Einklang mit dem grün geführten Gesundheitsministerium entschieden. Bei SPÖ und Grünen ist die Freude groß, dass Mifegyne nach langem Drängen jetzt niederschwelliger zugänglich wird. Für Frauen in abgelegenen Gebieten ist etwa der Besuch des nächsten Gynäkologen meist unkomplizierter als die Anfahrt in die nächste geeignete Klinik. Auch feministische Organisationen sehen in der vereinfachten Ausgabe von Mifegyne einen Etappensieg.

Freigabe erhöhe Druck auf Frauen

Auffällig still verhält sich dagegen die ÖVP, die sich in der Vergangenheit stets gegen liberale Regelungen für Frauen in Sachen Abtreibung gestemmt hat. Besonders beim konservativ-katholischen Flügel der Partei regt sich aber leiser Unmut über die Entscheidung. Als türkise Verbindungsfrau zur besonders religiösen Community gilt die Abgeordnete Gudrun Kugler.

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Die ÖVP-Abgeordnete Gudrun Kugler sieht die verbesserten Möglichkeiten für Frauen durch die Mifegyne-Zulassung kritisch und fordert mehr Beratung für ein "Ja zum Kind".
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Gegenüber dem STANDARD kritisiert sie den offeneren Zugang zu Mifegyne: "Je einfacher der Abbruch erscheint, desto größer ist der Druck, dem Frauen ausgesetzt sind." Niemand solle "zur Abtreibung gezwungen oder alleingelassen werden", die Freigabe von Mifegyne sei dabei nicht hilfreich, so Kugler. Sie und ÖVP-Familiensprecher Norbert Sieber fordern mehr Beratungsangebote, mit denen ein "Ja zum Kind" befördert werden solle.

Auch ÖVP-Frauensprecherin Elisabeth Pfurtscheller kann in den erweiterten Möglichkeiten für Frauen keinen Fortschritt erkennen. Der bessere Mifegyne-Zugang erleichtere "ganz sicher nicht die Entscheidungsfindung für die Frau", meint Pfurtscheller.

Frauenministerin Raab sagt nichts

DER STANDARD hätte gerne von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) erfahren, ob sie die Auffassung ihrer konservativen Parteikolleginnen bezüglich Mifeygne teilt. Anfragen wurden aber ignoriert. (fsc, ta, 10.7. 2020)