Eltern in Österreich haben in Sachen Coronavirus-Bekämpfung viel Geduld und Langmut bewiesen – auch und speziell Eltern kleinerer Kinder. Zu Beginn des Lockdowns gab es höchst unklare Anweisungen an die Betreiber von Kindergärten: Zusperren? Für alle öffnen, die es brauchen? Oder nur für Kinder, deren Eltern "systemrelevante" Berufe ausüben? Es dauerte Wochen, bis sich die Wolken lichteten. Eltern blieben mit ihren Kindern daheim, so gut es ging – wahrlich keine Kleinigkeit mit quirligen Dreijährigen. Sie akzeptierten auch, von der Polizei teils rüde ermahnt oder sogar gestraft zu werden, wenn Kinder draußen herumtollten.

Nun, nach der Öffnung der Kindergärten, scheint die Geduld vieler Eltern erschöpft. Eine Online-Petition ("Familien in der Krise") empörter Erziehungsberechtigter verlangt schnellere Tests bei Corona-Verdacht – und eine Untersagung von Kindergartenschließungen, bis die Testergebnisse vorliegen. Innerhalb eines Tages haben über 1000 Menschen die Petition unterzeichnet.

In Mauthausen hat man wieder die behördliche Schließung des Kindergartens angeordnet.
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Nun mag man diese Reaktion für überschießend halten. Verständlich ist sie allemal. Tatsächlich gibt es, trotz eines recht detaillierten Maßnahmenkatalogs des Gesundheitsministeriums für Infektionsverdachtsfälle, unterschiedliche Interpretationen, wie mit Erkältungen und Fieberschüben bei (Klein-)Kindern umzugehen sei. So macht es bereits einen Unterschied, ob eine Kindergartenleiterin den Eltern eines hustenden Kindes rät, zum Arzt zu gehen oder 1450 zu rufen – im letzteren Fall bedingt das zwingend die Schließung der Gruppe.

Auf Kosten der Frauen

In der Praxis stellt somit jedes (klein)kindliche Niesen eine potenzielle Bedrohung der familiären Betreuungsordnung dar. Selbst wenn der eigene Nachwuchs pumperlg’sund ist, muss man damit rechnen, dass er oder sie von heute auf morgen wieder daheim ist – und zwar mindestens für den Rest der Woche. Damit verfestigt sich die im Corona-Lockdown aufgetretene Tendenz, Aufgaben öffentlichen Interesses (Bildung und Ausbildung der nächsten Generation) bei jeder Krise sofort ins Private zu verlegen und möglichst lange dort zu belassen. Das geschieht auf Kosten der Familien – und damit, im immer noch sehr traditionell funktionierenden Österreich, in den meisten Fällen auf Kosten der Frauen.

Tatsächlich gebietet die Vorsicht, all jene, die bestimmte Krankheitssymptome aufweisen, möglichst zu isolieren und vorsorglich zu testen. Das heißt aber nicht automatisch, dass man dann mehrere Tage auf das Ergebnis warten muss. Wer beispielsweise schnell einen PCR-Test braucht und bereit ist, dafür in einem privaten Labor zwischen 120 und 190 Euro hinzublättern, darf noch am selben Tag mit einem Ergebnis rechnen. Das sollte auch möglich sein, wenn von Amts wegen getestet wird – vor allem, wenn dutzende bis hunderte Menschen auf ein Ergebnis warten.

Es gibt noch eine weitere Herausforderung: Zwar wird derzeit oft gleich das große Rad gedreht, wenn jemand in der Kindergartengruppe hustet. Wenn Eltern allerdings anrufen und sagen, dass der Nachwuchs heute zu Hause bleibt, weil er "ein bisschen Fieber hat", passiert zumeist – gar nichts. Das ist, gelinde gesagt, inkonsequent. Bis zum Herbst, wenn die Temperaturen sinken, die Menschen sich mehr in Innenräumen aufhalten und die Schulen wieder öffnen, braucht es jedenfalls eine etwas ausgefeiltere und besser abgestimmte Strategie im Umgang mit Covid-19-Verdachtsfällen. (Petra Stuiber, 10.7.2020)