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In nur wenigen Tagen wurden in Hongkong über 400 Personen auf Basis der neuen Gesetze festgenommen.

Foto: Reuters / Tyrone Siu

Immerhin – der Ausblick ist gut. Einige Beamte der Geheimpolizei aus Peking, die diese Woche ihr vorübergehendes Quartier in Hongkong bezogen haben, können von ihrem Zimmer den Meerblick genießen. Das Metropol-Hotel bei Causeway Bay liegt in bester Lage, und auf dem Dach befindet sich ein Pool, von dem man von Hongkong Island auf das nahe Festland blickt. Die meisten der 266 Zimmer seien bereits zu Büros für rund 300 Beamte umfunktioniert worden.

Nicht mehr ganz so idyllisch sieht es auf der Straße aus: Dort hat die Polizei drei Meter hohe Plastikbarrikaden um das Gebäude gezogen, wohl vor allem zum Schutz gegen Demonstranten. Vor dem Hotel weht die rote Flagge Pekings. Gegenüber liegt der Victoria-Park. Hier haben sich in den vergangenen Monaten oft Demonstranten zu Kundgebungen versammelt und haben ihren Protestmarsch Richtung Central begonnen. Während es in Hongkong selbst in den vergangenen Tagen relativ ruhig geblieben ist, steigt langsam der internationale Druck auf die Regierung in Peking wegen des umstrittenen Nationalen Sicherheitsgesetzes.

Visa verlängert

Australien zum Beispiel verlängerte die Visa aller Studenten aus Hongkong auf fünf Jahre – und ebnet ihnen so den Weg zur dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung. Gleichzeitig kündigte Canberra das Auslieferungsabkommen mit Hongkong auf. Das Nationale Sicherheitsgesetz war am 3. Juli in Kraft getreten. In seinen Ausformulierungen bleibt das Gesetz bewusst vage. So sind nun "subversive Akte" strafbar, genauso wie "Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften".

De facto beendet es die vertraglich bis 2047 zugesicherte Autonomie der Sonderverwaltungszone. Das Gesetz hebelt das Hongkonger Parlament aus, beschränkt die Meinungsfreiheit und erlaubt es der Führung in Peking, direkt gegen die Demokratieaktivisten vorzugehen. Viele von ihnen fürchten hohe Haftstrafen.

Internationale Unterstützung

Nathan Law, einer der Köpfe der Bewegung, hat mittlerweile das Land verlassen. Er forderte in einem offenen Brief mehrere westliche Staaten dazu auf, ihre Auslieferungsabkommen mit Hongkong außer Kraft zu setzen. Die Stimmen in Großbritannien, den USA und der EU mehren sich, dem Beispiel Australiens zu folgen.

Der österreichische Nationalrat hat am Donnerstag ebenfalls Stellung zur Situation in Hongkong genommen. In einem gemeinsamen Entschließungsantrag von Grünen, ÖVP, Neos und FPÖ wird Außenminister Alexander Schallenberg unter anderem dazu aufgefordert, den Erlass des Sicherheitsgesetzes als Verstoß gegen Hongkongs Autonomie und Verletzung von Grund- und Freiheitsrechten zu verurteilen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Bisher aber ist es noch zu keiner gemeinsamen Erklärung der EU gekommen, von Sanktionen ganz zu schweigen.

China reagierte wie immer in solchen Fällen: Zhao Lijian, Sprecher des Pekinger Außenministeriums, sagte, es handle sich um eine Einmischung in innere Angelegenheiten. Dass es Peking mit dem neuen Gesetz ernst meint, zeigt das harte Vorgehen der Polizei der vergangenen Tage. Über 400 Personen wurden bereits festgenommen.

Auch mit der Freiheit des Internets dürfte es in Hongkong bald vorbei sein. Bisher konnte man auf dem Festland gesperrte Seiten in Hongkong ohne Probleme besuchen. Auf dem Festland sind dagegen zahlreiche Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter gesperrt, Suchanfragen werden gefiltert.

Wirtschaftlich dürfte die Stadt einen hohen Preis bezahlen. Viele ausländische Unternehmen haben hier ihr regionales Hauptquartier. Neben der Nähe sowohl zum Festland als auch zu südostasiatischen Märkten schätzten sie bisher die Rechtssicherheit in Hongkong. Das Nationale Sicherheitsgesetz aber macht klar, dass es damit vorbei ist: Im Zweifel steht die kommunistische Partei in Peking über dem Gesetz. Zudem fürchten viele ausländische Korrespondenten als auch politische Stiftungen um ihre Arbeitsmöglichkeiten. (Philipp Mattheis, 9.7.2020)