Wuchtig wie Catcherlegende Otto Wanz, die Wiener Symphoniker.

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Ist das eigentlich der erste Sommer seit 1945, in dem die Wiener Symphoniker freihaben? Keine Akkordarbeit am Bodensee, ausnahmsweise? Schaut so aus. Ein bisschen ins Ländle fahren wird der Wiener Klangkörper aber schon. Denn die Bregenzer Festspiele sind zwar abgesagt, aber bei den flugs ins Leben gerufenen Bregenzer Festtagen gibt es am 22. 8. einen Auftritt mit dem scheidenden Chefdirigenten Philippe Jordan. Weitere Konzerte mit dem Schweizer folgen in Wien und Grafenegg, mit Manfred Honeck sowie Speranza Scappucci (und Anna Netrebko) musiziert man ebenfalls im Wolkenturm und mit Daniel Harding im Konzerthaus.

Im Konzerthaus fand auch der Ausklang dieser so speziellen, zerrupften Saison statt, mit Lahav Shani. Erst gab es Kammermusik: Shani, Konzertmeisterin Sophie Heinrich und Solocellist Christoph Stradner spielten Rachmaninows erstes, einsätziges Trio élégiaque. Ein Frühwerk, und doch schon ganz Rachmaninow: Wild schäumt das Klavier, ineinander verschlungen ranken sich Geige und Cello wie Taue aus den Klangfluten empor. Heinrich und Stradner formten Kantilenen aus edlem, verdichtetem Schmerz, Shani ging es am Klavier anfangs luftiger an und umhüllte das Themenmaterial der Streicher mit Begleitgewölk wie aus Zuckerwatte.

Nur minimale Intonationsschwächen

Nach Mussorgskis Morgendämmerung an der Moskwa dann dessen Bilder einer Ausstellung. Das Stück schnurrt wahrscheinlich erst so richtig perfekt ab, wenn es ein Orchester zum x-ten Mal spielt. Am frühen Mittwochabend wirkte das "Ballett der Kücklein" oder das "Marktgetriebe von Limoges" noch etwas bemüht. Großartig generell das Blech, herausragend Solotrompeter Matthias Kernstock, die Tuba war beim Baba-Yaga-Bild wuchtig wie Otto Wanz. Minimale Intonationsschwächen beim Holz, magisch die Streicher am Ende der "Katakomben". Durch ein prachtvolles "Großes Tor von Kiew" schritten die Symphoniker in ihre Orchesterferien. (sten, 9.7.2020)