Google will dafür sorgen, dass mehr Nutzer auf einer aktuellen Version von Android sind.

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Es ist ein Thema, das so alt ist wie Android selbst: Die mangelhafte Update-Versorgung durch Dritthersteller ist ein oft kritisierter Punkt an dem Betriebssystem. Google selbst hat in den vergangenen Jahren einige Anstrengungen unternommen, um diesen Umstand zu ändern. In einem aktuellen Blogeintrag zieht man nun Bilanz über diese Maßnahmen – und gibt auch gleich einen Einblick, wie es weiter gehen soll.

Der Trend stimmt

Zunächst die gute Nachricht: Jenes "Project Treble" in dessen Rahmen das Betriebssystem grob umgebaut und die Android Open Source-Teile über klar definierte Schnittstellen von proprietären Bestandteilen getrennt wurden, hat die erhofften Früchte getragen. Android 9 habe sich dadurch 2,5-mal so schnell verbreitet wie sein Vorgänger – ein Art Kehrtwende für die Android-Update-Situation. Durch Kooperation mit den Hardwarepartnern sowie die Auslieferung von generischen System-Images wurden infolge die Update-Prozesse für die Hersteller weiter vereinfacht, woraus in Android 10 eine weitere merkliche Verbesserung resultierte. Die derzeit aktuellste, stabile Version von Googles Betriebssystem hat sich im Vergleich zu Android 9 noch einmal um den Faktor 1,5 schneller verbreitet.

Die Verbreitung von Android 10 ist deutlich flotter als jene der Vorgänger.
Grafik: Google

In absoluten Zahlen zeigt sich aber schnell, dass auch hier noch Luft nach oben ist: Laut Statscounter ist Android 10 derzeit erst auf 22,06 Prozent aller Android-Geräte zu finden. Wobei allerdings die Lage zwischen einzelnen Ländern stark variiert, in Österreich liegt dieser Wert etwa bereits bei 37,02 Prozent.

Ausblick

Auf dieser Grundlage will Google nun die Update-Auslieferung weiter beschleunigen, und zwar auf mehreren Wegen. Der erste: Das Project Mainline, in dessen Rahmen seit Android 10 gewisse Android-Bestandteile direkt von Google an sämtliche Geräte geliefert werden – wird mit Android 11 weiter ausgebaut. Das bedeutet, dass nun neun weitere Module in die vollständige Verantwortung von Google fallen. Dazu zählen die Komponenten für WLAN, Tethering und das Debugging-Tool ADB ebenso wie das Neural Network API für die lokale Verarbeitung von Maschinenlernaufgaben.

Einheitlicher Kernel

Die zentrale Ankündigung dieses Blogeintrags folgt allerdings danach: In Zukunft sollen sämtliche Android-Geräte mit dem selben Linux Kernel bootbar sein. Die Kompatibilität mit einem "Generic Kernel Image" (GKI) soll fix in jene Tests aufgenommen werden, die jedes Gerät unterlaufen muss. Weitere Details will Google zwar erst in den kommenden Monaten nennen, Mishaal Rahman von XDA Developers kann aber jetzt schon mit aus den – eigentlich geheimen – Kompatibilitätsvorschriften für Hardwarehersteller gewonnenen Details aufwarten. So muss jedes neue Gerät, das mit einem Kernel 5.4.42 oder neuer ausgeliefert wird, auch mit einem GKI bootbar sein, und zwar ohne irgendwelche Änderungen an den Partitionen mit den proprietären Bestandteilen vorzunehmen. Diese Vereinheitlichung sollte die Entwicklung von Treibern für Android-Geräte erheblich erleichtern, und es auch ermöglichen, viele dieser Komponenten – oder gar den Kernel selbst – ohne großes System-Update aktualisieren zu können.

Die Frage dabei ist natürlich: Ab wann wird das alles schlagend? Aktuelle Spitzengeräte in der Android-Welt werden üblicherweise mit Linux Kernel 4.19 ausgeliefert. Der Kernel 5.4 dürfte insofern wohl erst auf den nächstjährigen Android-Smartphones seinen Einsatz finden. Außer natürlich Google hat mit Qualcomm einen Deal geschlossen, um hier das Pixel 5 zum ersten Gerät mit GKI-Support zu machen.

Virtual A/B

Das beste Update bringt aber wenig, wenn es nicht installiert wird: Ein deutlicher Fortschritt aus Nutzersicht waren insofern jene "Seamless Updates", die Google vor einigen Versionen eingeführt hat. Werden hier doch neue Versionen automatisch im Hintergrund installiert, beim nächsten Reboot wird einfach auf das neue System gewechselt, die gewohnte Wartezeit entfällt. Und doch hat dieses System bei den Herstellern nur begrenzt Anklang gefunden, hat es doch einen entscheidenden Nachteil: Da dafür zentrale Partitionen gedoppelt werden, verbraucht das Ganze auch mehr Platz.

Mit Virtual A/B gibt es nun einen Nachfolger, für den dynamische Partitionen genutzt werden, die frei in ihrer Größe angepasst werden können. Insofern soll der Overhead hier erheblich geringer sein. Google ist von diesem Ansatz dermaßen überzeugt, dass das neue System in naher Zukunft für sämtliche neue Android-Geräte verpflichtend werden soll.

Play Services

Google verweist in seinem Blogpost am Rande auch noch auf eine andere Komponente, die in der Diskussion gerne übersehen wird: Die Google Play Services: Diese werden nämlich schon seit langem auf allen Geräten von Google zentral gewartet. Insofern war es auch möglich innerhalb weniger Wochen die neuen, gemeinsam mit Apple entwickelten Schnittstellen für das Contact Tracing auf beinahe alle in Nutzung befindliche Android-Geräte zu bringen – mehr als zwei Milliarden Stück. Zum Vergleich: Apple liefert diese Schnittstelle über ein klassisches System-Update aus – das es natürlich längst nicht mehr für alle Geräte gibt. Das hat zur Folge, dass auch relativ gesehen, das Vorhandensein des "Exposure Notification API" unter Android prozentuell höher sein dürfte als unter iOS. (Andreas Proschofsky, 10.07.2020)