Ganz neu ist die Idee, ein Motorrad mit einer Brennstoffzelle zu betreiben nicht – aber doch neu genug, dass sie noch nicht in die Serienfertigung gefunden hat. Suzuki brachte 2007 mit der Crosscage einen futuristisch wirkenden Prototypen mit einer Reichweite von rund 200 Kilometer. Die Pläne zur Umsetzung dürften aber rasch wieder in einer Schublade verschwunden sein.
Der anscheinend einzige große Zweirad-Hersteller, der derzeit noch an dem Thema dran ist, dürfte Honda sein, die in den letzten Jahren einige Patente dazu eingereicht haben. Und auch das Motorrad, das Dario Mottl im Zuge seiner Masterarbeit an der FH Joanneum Graz gezeichnet hat, ließe sich so in der Praxis umsetzen. Um das sicherzustellen sprach er im Vorfeld mit Experten aus der Motorradbranche. Für die Designarbeit seiner "Reon" verwendete er gedanklich die Brennstoffzelle des Toyota Mirai. Zwei Wasserstofftanks liegen dort, wo man den Tank vermuten würde. Patentskizzen von Honda zeigen, dass sie den Tank unter der Sitzbank verbauen wollen. Also abgekupfert ist da schon einmal nix.
Dario Mottl stammt aus Salzburg, ist 28 Jahre alt, fährt selbst begeistert Motorrad und schaute bei seinem Entwurf zwar auf Umsetzbarkeit, legte den Fokus aber klar aufs Design. "Im Zuge meiner Masterarbeit in Industrie-Design habe ich mich mit dem Thema "Mobilität der Zukunft" beschäftigt. Als Resultat ist das Wasserstoff-Motorrad-Konzept 'Reon – Das Retrobike der Zukunft' entstanden, bei dem ich mich mit zukünftigen Antriebsmöglichkeiten in Verbindung mit der Nostalgie des Retro-Designs auseinandergesetzt habe."
Obwohl, eigentlich muss man sagen, dass er gar nicht nur ein Motorrad entworfen hat, sondern gleich zwei entstanden sind, eine Scrambler und ein Café-Racer. Neben den Reifen unterscheiden sich die beiden Bikes auch durch die Aufhängung des Vorderrades. Während die Scrambler mit einer Double-Crown-Gabel ausgestattet ist, fährt der Café-Racer mit einer extrem scharfen Mono-Gabel. Die Überlegung gleich zwei Motorräder aus einem Konzept zu machen kam Dario Mottl, weil "es produktionstechnisch um einiges günstiger ist, als wenn zwei unterschiedliche Bikes konstruiert werden müssen."
Die gravierenden Probleme, die sich bei diesem Bike auftun könnten, scheint das Konzept von Dario Mottl aber im Vorfeld gelöst zu haben. Die Reichweite sei mit rund 100 Kilometern ausreichend für den Einsatz als Pendler-Fahrzeug und im urbanen Umfeld, versichert er, und selbst was das Fahrzeuggewicht angeht, gibt es keine allzu böse Überraschung, weil die "Reon" nach seinen Berechnungen unter 200 Kilogramm schwer wäre, würde man sie bauen.
Die Motorradhersteller sind auf sein Bike-Idee aber trotzdem noch nicht aufgesprungen. Ganz anders sieht das bei den Designern aus – die scheinen fasziniert von der "Reon" zu sein, denn sie prämierten das Brennstoffzellen-Motorrad bereits mit dem European Design Award in Silber sowie der International Design Award in Gold. (Guido Gluschitsch, xx.7.2020)