Integrationsministerin Susanne Raab und Innenminister Karl Nehammer verkündeten einen Zwischenstand der Ermittlungen zu den Demo-Ausschreitungen in Wien-Favoriten.

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Wien – Im Vorfeld der nächsten Demonstration in Wien-Favoriten am Freitagabend haben Innenminister Karl Nehammer, Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) und der stellvertretende Wiener Polizeipräsident Franz Eigner bei einer Pressekonferenz verkündet, dass bereits erste Tatverdächtige der vergangenen Unruhen ausgeforscht wurden. Acht Personen wurden demnach Straftaten eindeutig zugeordnet.

Nehammer und Eigner kündigten im Vorfeld der für Freitagabend geplanten Versammlung massive Polizeipräsenz an. "Die Versammlungsfreiheit ist für uns ein wichtiges Gut", deswegen werde man diese auch mit allen Mitteln schützen, sagte Nehammer. "Wir tolerieren keine Gefährdung." Bei dem "schwierigen Einsatz" sollen hunderte Polizisten vor Ort sein, das werde auch "erhebliche Kosten" verursachen, so der Innenminister.

Raab sagte, dass es Mängel bei der Integration gebe, zeige sich auch daran, dass die türkischen und kurdischen Vereine das Gespräch verweigerten und sich nicht gemeinsam an einen Tisch setzen wollen. Konkret geht es dabei vor allem um die Weigerung kurdischer Gruppen, sich mit Personen an einen Tisch zu setzen, die den rechtsextremen türkisch-nationalistischen Grauen Wölfen nahestehen. Nehammer zeigte sich verärgert und enttäuscht darüber, dass die Vereine den Dialog verweigern.

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Bei den Verdächtigen seien vier bis fünf "Rädelsführer" so gut wie identifiziert. Viele andere würden als Verdächtige geführt. Insgesamt gab es 30 Anzeigen gegen unbekannt, ein Drittel davon sei nun ausgeforscht, und man werde auch die anderen identifizieren, zeigten sich Nehammer und Eigner überzeugt. Zu dem vermuteten Einfluss des türkischen Geheimdiensts auf die Demonstrationen hielt sich Nehammer noch bedeckt. Es gebe den Verdacht, dass die Versammlung kurdischer und linker Aktivisten "ausgespäht und dokumentiert" worden sei. "Das macht in Österreich normal nur die Polizei. Hier sind wir mitten in den Ermittlungen."

Verdächtige ausgeforscht

Als gesichert gelte, dass es Personen gegeben habe, die die Gewaltausbrüche bewusst gesteuert hätten. Bei allen Tatverdächtigen handle es sich um ausländische Staatsbürger oder österreichische Staatsbürger mit Migrationshintergrund. Laut Eigner waren neben der Hauptgruppe von Türken auch Afghanen und Syrer dabei. Ausgeforscht werden konnten auch drei Tatverdächtige mit türkischem Hintergrund, die einen kurdischen Journalisten krankenhausreif geprügelt haben sollen.

"Wir sind überzeugt, dass die Demonstrationen bewusst von außen gestört und gelenkt wurden. Die Rädelsführer werden von uns sicher ausgeforscht werden", sagte Eigner. Die Tatverdächtigen hätten ihre Gewaltausbrüche mit Frustration, dem türkisch-kurdischen Konflikt und Revierkämpfen vor der Polizei begründet.

Ludwig spricht von Härte und Hilfe

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sagte im Ö1-"Mittagsjournal", in 99,9 Prozent der Fälle funktioniere die Integration in Wien sehr gut, das zeige auch der Vergleich mit internationalen Großstädten. Dort, wo das "friedliche Miteinander" gestört werde, müsse man allerdings mit aller Härte eingreifen. Er wisse aber auch, dass es sich oft vor allem um eine soziale Frage handle, die hinter der Radikalisierung stehe. Daher habe man das Deradikalisierungsetzwerk geschaffen. Manche erreiche man damit noch nicht, für die müsse es weitere Angebote geben. (red, APA, 10.7.2020)