Ein paar Tage gratis Gas oder Strom konsumieren oder doch lieber Bargeld zurück? Was besser ist, hängt häufig von der individuellen Situation ab. Wien Energie hat sich jedenfalls nach der EVN mit dem Verein für Konsumenteninformation auf die Rückerstattung von zu viel kassiertem Geld verständigt.

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Der Stein des Anstoßes wurde vor knapp eineinhalb Jahren gelegt. Im Oktober 2018 hat Wien Energie die Preise bei Strom und Gas angehoben – ohne gesetzeskonforme Grundlage, wie der Oberste Gerichtshof (OGH) nach einer vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) eingereichten Klage vorigen Herbst entschieden hat. Das Geld sei rückzuerstatten, hieß es sinngemäß.

Die beklagte Partei war nicht Wien Energie, sondern die EVN Energievertrieb GmbH & Co KG. Der VKI war der Auffassung, dass die OGH-Entscheidung nicht nur Auswirkungen auf die Kunden der EVN hat, sondern alle betrifft, die auf der Grundlage vergleichbarer Preisanpassungsklauseln Tariferhöhungen durchgeführt haben. Die erste Einigung erzielte der VKI im Verhandlungsweg mit EVN aus Niederösterreich, die zweite im Juni mit Wien Energie.

Schreiben im Briefkasten

Daraufhin haben Haushalte, die von der beanstandeten intransparenten Preiserhöhung in den Tarifgruppen Optima Gas und Optima Strom betroffen waren, einen Brief erhalten. "Auf Basis einer vom VKI erzielten oberstgerichtlichen Entscheidung zu unzulässigen Preisanpassungsklauseln rollen wir unsere Preisanpassung vom 1. 10. 2018 auf", heißt es darin. In Abstimmung mit dem VKI stelle man einmalig Gratisenergietage zur Verfügung, einzulösen mit Antwortkarte bis spätestens Ende August 2020.

Alternativ könne eine Auszahlung per Banküberweisung beantragt werden, spätestens bis Ende August auf der VKI-Website unter verbraucherrecht.at/wienenergie. Was aber ist besser, Bargeld oder Gratistage?

Durchschnittlich 22 Euro bei Strom, 15 Euro bei Gas

Kommt darauf an. Bei Haushalten mit einem durchschnittlichen Jahresstromverbrauch geht es um 22, bei Gas um 15 Euro. Wer die Wohnung in nächster Zeit kaum nützt, wird besser fahren, wenn er oder sie auf Bargeld besteht. Der Wert eines Tages Gratisenergie ergibt sich aus der Division der jährlichen Energiekosten durch 365 Tage. Die Höhe ist somit verbrauchsabhängig.

Wenn man vorhabe, den Lieferanten zu wechseln, machten Gratis-Energietage ebenfalls keinen Sinn, heißt es bei der E-Control. Außerdem binde man sich damit wieder für längere Zeit an das Unternehmen.

Jeder muss selbst aktiv werden

Wer Geld zurück bzw. Gratisenergietage haben möchte, muss auf alle Fälle von sich aus aktiv werden. Wer weder die im Schreiben beigelegte Antwortkarte zurückschickt und so für die vorgeschlagenen Gratisenergietage votiert noch sich beim VKI einträgt und somit für die Geldüberweisung entscheidet, schaut durch die Finger.

Die beanstandete, nicht gedeckelte Preisanpassungsklausel ist von den Energieversorgern inzwischen geändert worden. Außer EVN und Wien Energie, mit denen als Erstes ein Settlement gelungen ist, sei man mit weiteren Energieversorgern im Gespräch, sagt der Leiter der VKI-Rechtsabteilung, Thomas Hirmke, dem STANDARD.

Kunden der EVN hatten bis 31. Mai Zeit, die vorgeschlagenen Bonuspunkte im Kundenbindungsprogramm des Energieversorgers zu akzeptieren oder die Rücküberweisung der zu viel bezahlten Summe zu beantragen. (Günther Strobl, 10.7.2020)