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Trzaskowski gilt als ausgewiesener Europaexperte und als Netzwerker.

Foto: AP Photo/Czarek Sokolowski

Schon einmal war er eine Berühmtheit, wenn auch eine kleine: Als Achtjähriger spielte Rafał Trzaskowski in der Fernsehserie "Unser Hinterhof" den Tomek – und war im damals kommunistisch regierten Polen damit so etwas wie ein Kinderstar.

Die Schauspielerei scheint ihn dann aber doch nicht nachhaltig gereizt zu haben, und auch die Sache mit dem Hinterhof will nicht so recht passen zum Image des heutigen Politikers: Der Oberbürgermeister von Warschau, der am Sonntag in der Stichwahl ums Präsidentenamt gegen Amtsinhaber Andrzej Duda antritt, gilt als ausgewiesener Europaexperte und als Netzwerker, der gerne einen etwas größeren Aktionsradius im Blick hat.

Tiefe Polarisierung

Das Rennen um die Präsidentschaft zwischen dem Liberalen Trzaskowski und dem Nationalkonservativen Duda, der aus den Reihen der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) stammt, repräsentiert nahezu idealtypisch die tiefe Polarisierung im Land: Trzaskowski, der 2018 bei der Wahl des Warschauer Bürgermeisters seinen Gegenkandidaten von der PiS haushoch schlug, ist die politische Hoffnung einer liberalen, meist urbanen und häufig besser gebildeten Wählerschaft.

Damit verkörpert der 48-jährige Sohn des Jazzmusikers Andrzej Trzaskowski so ziemlich das Gegenteil von Duda, der eher eine konservativ-ländliche, klerikal orientierte Klientel anspricht, die vom steigenden Wohlstand der Nachwendegesellschaft nur wenig profitieren konnte, dafür aber von der Sozialpolitik der regierenden PiS.

Politische Karriere

Der studierte Politikwissenschafter Trzaskowski, der fünf Fremdsprachen spricht, unterrichtete eine Zeitlang an der staatlichen Schule für öffentliche Verwaltung. Auch an politischer Erfahrung mangelt es dem verheirateten Vater von zwei Kindern nicht: Er war bereits Abgeordneter des Sejm für die liberale Bürgerplattform (PO), Minister für Verwaltung und Digitalisierung, EU-Staatssekretär und Abgeordneter des Europäischen Parlaments.

In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl Ende Juni erreichte er 30,5 Prozent, 13 Prozentpunkte weniger als Duda. Sollte er diesen in der Stichwahl noch überholen, würde er einem anderen Ex-Kinderstar das Leben schwermachen: dem starken Mann Polens, PiS-Chef Jarosław Kaczyński. Der spielte 1962 – gemeinsam mit seinem 2010 als Staatsoberhaupt in der Präsidentenmaschine verunglückten Zwillingsbruder Lech – die Hauptrolle im Film "Die zwei Monddiebe". (Gerald Schubert, 12.7.2020)