Österreicher sind ja bekanntlich eher gemütlich. Das zeigt sich auch immer wieder in der Politik. So hätte eigentlich schon die türkis-blaue Regierung eine Liste der klimaschädlichen Subventionen und Anreize in Österreich veröffentlichen sollen. Bisher wurde allerdings nur ein Sammelsurium an teils veralteten wissenschaftlichen Studien und Förderberichten publik.

Pendlerpauschale, Dieselprivileg: Das sind nur zwei der Punkte, die das Wirtschaftsforschungsinstitut an klimaschädlichen Subventionen identifiziert hat. Bisher ohne Folgen.
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Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) bezifferte die Summe für die Bereiche Energie und Verkehr in einem 2016 erschienenen Papier etwa mit 4,7 Milliarden Euro pro Jahr. Auf diese Studie bezieht sich die Regierung auch regelmäßig. Eine konkretere Auflistung mit aktuellen Zahlen gibt es nach wie vor nicht. Offenbar steht das Finanzministerium auf der Bremse, wie aus informierten Kreisen zu hören ist. Dort kommentiert man die Lage anders.

Abschaffung früh vorgesehen

Die Abschaffung jener umweltschädlichen Subventionen war bereits ein fixer Bestandteil der "Mission 2030", die im April 2018 von ÖVP und FPÖ veröffentlicht wurde. Darin hieß es, dass eine Liste bis Ende Juni 2019 vorliegen soll. Ibiza und eine gesprengte Koalition rückten das Thema in den Hintergrund. Wobei die Vorarbeit geleistet worden sein dürfte: Ex-Umweltministerin Maria Patek behauptete im Vorjahr, das Umweltressort hätte seine dahingehende Arbeit bereits im März 2019 erledigt, das – in dem Fall federführende – Finanzministerium (BMF) hätte jedoch auch nach mehrfacher Erinnerung nicht weiter gehandelt.

Auch im türkis-grünen Regierungsprogramm ist die Rede davon, dass man sich für ein Ende der Subventionen für Fossile einsetzen wolle – zumindest auf europäischer Ebene. Und auch der nationale Energie- und Klimaplan hält einen schrittweisen Abbau bis 2030 fest, so soll eine Einsparung von mindestens zwei Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten gelingen. Seit Amtsantritt der Bundesregierung im Jänner wurde die Liste jedenfalls weiterhin nicht publiziert – offenbar hakt es im Ressort von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Dieser bleibt auch bei einer parlamentarischen Anfragebeantwortung einige Informationen schuldig.

Datenlage nicht aktuell

Der Finanzminister gesteht in der Beantwortung zwar selbst ein, dass jene Wifo-Studie als zusätzliche Ergänzung gesehen werden könne, jedoch kein "abschließendes Abbild der kontraproduktiven Landschaft in Österreich" ergebe. Die Datenlage sei nicht auf dem aktuellen Stand. Wann und in welcher Form aktuelle Informationen erhoben und publiziert werden sollen, lässt Blümel offen.

In dem von dem Neos-Abgeordneten Michael Bernhard eingebrachten Fragenkatalog wurde der ÖVP-Mann unter anderem über den Status quo befragt und auch dazu, ob aus dem Umweltministerium Daten überliefert wurden. Der Finanzminister wurde auch damit konfrontiert, ob die Liste erstellt wurde und wem sie letztlich übermittelt wurde. All diese Punkte lässt Blümel in seinen Ausführungen allerdings aus.

Bei den Neos herrscht jedenfalls Unmut über die "unvertretbare Beantwortung". Sie wollen den Finanzminister bei der nächstmöglichen Gelegenheit ins Plenum zitieren und erwägen, eine zusätzliche parlamentarische Anfrage einzubringen.

Taskforce am Zug

Das Klimaschutzministerium unter Leitung von Leonore Gewessler (Grüne) verweist in einer eigenen Beantwortung darauf, dass das BMF den Prozess zur Identifizierung der Subventionen leite. Im Umweltressort hält man die in der Wifo-Studie genannten Gesamtkosten für realistisch. Aus dem Ministerium heißt es zudem, man habe zur Erstellung der Liste alles getan, was rechtlich vorgesehen sei.

Das wiederum sieht das Finanzministerium anders. Laut einem Sprecher sei das Umweltressort im Rahmen der Taskforce Ökosteuerreform auch für die Liste zuständig. Das Umweltressort hätte im Vorjahr lediglich die Wifo-Analyse als mögliche Datenquelle übermittelt. Das BMF hätte seinerseits eine Definition des Begriffs Kontraproduktivität erstellt, um eine "datenbasierte Entscheidungsgrundlage" zu erstellen.

Kontraproduktive Effekte

Darüber hinaus sollen sämtliche Sektoren auf potenzielle kontraproduktive Effekte hin durchforstet werden. In Zukunft soll diese Aufgabe über die Taskforce erledigt werden. Von einer Federführung will man nichts wissen – trotzdem diese im nationalen Energie- und Klimaplan festgehalten wurde.

Ein paar magere Einsichten in die Arbeit jener Arbeitsgruppe gaben die Anfragebeantwortungen jedenfalls. Demnach tagte die Taskforce ein einziges Mal, und zwar Ende Februar. Mit dabei waren neben Gewessler und Blümel auch Mitarbeiter aus den jeweiligen Ressorts sowie ein Berater aus dem Kanzleramt. Aufgrund Corona-bedingter Umstände hätten keine weiteren Sitzungen stattfinden können.

Österreich ist mit dem Schlendrian jedenfalls nicht allein. Wie Recherchen der Plattform Investigate Europe zeigen, hat ein Großteil der EU-Staaten nur ungenaue Angaben über Art und Umfang seiner fossilen Subventionen vorgelegt. Bei fast allen eingereichten Klimaplänen würden zudem keine Pläne vorliegen, wie die Subventionen abgeschafft werden sollen. (Nora Laufer, 13.7.2020)