Stepanakert ist die Hauptstadt Bergkarabachs.

Foto: AFP

Stepanakert/Eriwan/Brüssel – In der Konfliktregion Bergkarabach im Südkaukasus ist es erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Toten und Verletzten gekommen. Aserbaidschans Verteidigungsministerium sprach am Montag von vier getöteten und vier verletzten Soldaten. Armeniens Verteidigungsministerium berichtete von zwei verletzten Polizisten.

Beide Staaten beschuldigten einander, den Vorfall in der Grenzregion Tawusch provoziert zu haben. "Provokationen werden nicht unbeantwortet bleiben", sagte Armeniens Regierungschef Nikol Paschinian bei einem Regierungstreffen am Montag.

Xankəndi ist der aserbaidschanische Name der Hauptstadt Bergkarabachs. Auf Armenisch heißt sie Stepanakert.

Umstrittene Region

Die Region ist zwischen den beiden Ex-Sowjetrepubliken umstritten – DER STANDARD erklärt hier, weshalb. Entsprechend kommt es in der Region, die geografisch in Aserbaidschan liegt, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird, regelmäßig zu Zwischenfällen, bei denen Soldaten auf beiden Seiten verletzt werden oder sterben. Das christlich geprägte Armenien kann sich auf Russland als Schutzmacht berufen. Die islamisch geprägte Republik Aserbaidschan fordert die Rückgabe der ausschließlich von Karabach-Armeniern bewohnten Region.

Die Auseinandersetzungen begannen am Wochenende. Nach Mitteilung des armenischen Verteidigungsministeriums ging der Beschuss beider Seiten auch am Montag weiter. Paschinian warnte vor "unvorhersehbaren Folgen", sollte sich die Lage wegen der neuerlichen Eskalation destabilisieren. In Aserbaidschan beriet der Sicherheitsrat über die Situation. Präsident Ilham Aliyev sagte, sein Land werde die Grenze weiter schützen.

Unklare Lage

Die Lage war am Montag zunächst unklar. Zuletzt war es in dem seit Jahrzehnten andauernden Streit allerdings weitgehend ruhig geblieben. Nun wächst die Sorge, dass sich der Konflikt erneut zuspitzen könnte. In den 90er-Jahren hatte es dort einen Krieg gegeben.

Russland rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Eine weitere Eskalation könne die Sicherheitslage in der Region bedrohen, teilte das Außenministerium mit. Das wäre nicht zu akzeptieren. Russland sei bereit, Hilfe zur Stabilisierung der Situation zu leisten.

Türkei steht hinter Aserbaidschan

Die Türkei verurteilte den "Angriff der armenischen Streitkräfte". Dieser sei eine "weitere Manifestation des aggressiven Nationalismus Armeniens", hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums in Ankara. "Die Türkei wird Aserbaidschan weiter mit all ihren Möglichkeiten im Kampf um den Schutz seiner territorialen Integrität zur Seite stehen." Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu betonte: "Was Armenien getan hat, ist inakzeptabel." Aserbaidschan sei mit der Türkei an seiner Seite "nicht alleine".

Die Türkei und ihr Außenminister stehen auf der Seite Aserbaidschans im Konflikt um Bergkarabach.
Foto: EPA

Die EU forderte beide Seiten auf, die bewaffnete Konfrontation zu beenden, auf Maßnahmen und Rhetorik zu verzichten, die Spannungen hervorrufen, und unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um eine Eskalation zu verhindern, teilte der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell mit. Er rief die Parteien auf, die Waffenruhe einzuhalten und über etablierte Formate der OSZE direkt miteinander zu kommunizieren. "Diese schwerwiegende Verletzung der Waffenruhe unterstreicht die Dringlichkeit der Wiederaufnahme der OSZE-Überwachung vor Ort, sobald die Bedingungen dies zulassen", sagte der Sprecher. (APA, dpa, 13.7.2020)