Eine Frau informiert sich über einen medikamentösen Abbruch.

Foto: AFP / OLIVIER DOULIERY

Wegen einer kleinen Kolumnenpause musste es zwar aufgeschoben werden, vergessen wollen wir es freilich nicht: die Freigabe von Mifegyne für niedergelassene Frauenärzt*innen. Das findet nach sehr unerfreulichen Debatten statt – etwa jener über den sexistischen "Luder"-Sager aus Tirol, die darin gipfelte, ob nun die neben dem misogynen Polterer Josef Geisler (ÖVP) stehende Ingrid Felipe (Grüne) zurücktreten soll, während Geisler aus den eigenen Reihen keineswegs der Rücktritt nahegelegt wurde. Wow. Und schon kurz darauf ging es mit einer sexistischen Karikatur der SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in den "Oberösterreichischen Nachrichten" weiter. Die Zeichnung schaut aus, als hätten über 40 Jahre feministische Arbeit nie stattgefunden.

Nach alldem waren gute Nachrichten nötig, und sie kamen tatsächlich: Das Medikament Mifegyne für den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch ist nun auch für niedergelassene Gynäkolog*innen zugelassen. Bisher war das nur in Krankenhäusern und Ambulatorien, die auch einen chirurgischen Abbruch vornehmen dürfen, der Fall. Angestoßen hatte die Initiative die grüne Frauensprecherin Meri Disoski – und hat damit dieser Regierung zu einer ersten feministischen Maßnahme verholfen.

Leicht ist es ohnehin nicht

Apropos 40 Jahre: Mindestens so lange dauert nun schon die Debatte über die Fristenregelung in Österreich. Trotzdem konnte diese den bestehenden Hürden für Frauen nichts anhaben. Seien es die hohen und privat zu tragenden Kosten für einen Abbruch oder die weiten Wege, die Frauen aus Bundesländern auf sich nehmen mussten, in denen es keine oder kaum Möglichkeiten gibt, einen Abbruch vornehmen zu lassen. Dass jetzt alle niedergelassenen Frauenärzt*innen Mifegyne ausgeben dürfen, ist nach Jahren des drohenden Rückschritts endlich wieder einer nach vorn. Erinnern wir uns nur an die #fairändern-Petition 2018 und 2019, die auch von Mitgliedern der türkis-blauen Vorgängerregierung unterschrieben wurde und die eine verpflichtende Bedenkfrist vor einem Abbruch sowie ein Verbot von Spätabbrüchen aufgrund einer embryopathischen Indikation forderte. Beides hätte einen Abbruch unnötig schwerer gemacht. Denn schwer ist er für Frauen persönlich so oder so, strukturelle Hindernisse brauchen wir da nicht auch noch.

Man sollte Frauen "mehr unterstützen", heißt es von Abtreibungsgegner*innen in der Politik wie etwa Gudrun Kugler (ÖVP) oft. Wer sich wie sie aber praktisch jedes Jahr beim Pro-Life-Event "Marsch fürs Leben" sehen lässt, zeigt seine Präferenz dahingehend, dass diese Unterstützung zum Austragen einer Schwangerschaft führen soll, um die Frau dann später, wenn das Kind da ist, mit einer konservativen Familienpolitik allein zulassen.

Raab sagt nichts

"Weil es eben einen Unterschied macht, wer für die Republik in einer Regierung arbeitet", das war seit Regierungsantritt so und in ähnlichen Varianten immer wieder von den Grünen zu hören. Bis jetzt allerdings, nach einem guten halben Jahr, zeigte sich dieser Unterschied zu Türkis-Blau in der Frauenpolitik absolut nicht. Das liegt freilich auch daran, dass das Frauenressort in den Händen der ÖVP-Ministerin Susanne Raab liegt, die selbst zur erweiterten Zulassung von Mifegyne, einem so wichtigen Schritt für Frauen, nichts zu sagen hat und auf Parteilinie bleibt. Und die entwickelte sich seit den 1970er-Jahren mit der damaligen klaren Ablehnung der Fristenregelung nicht wirklich weiter: Heute bleiben davon mehr oder weniger eine zugleich aber immer verschwiegene Akzeptanz der Fristenregelung und ein konstant bestehender Antiabtreibungsflügel.

Die Erweiterung der Zulassung des medikamentösen Abbruchs macht jetzt wirklich einen Unterschied, diese Neuerung für ungewollt Schwangere wäre unter Türkis-Blau sicher nicht möglich gewesen – eine Neuerung, die mehr Autonomie für ungewollt Schwangere bringt. (Beate Hausbichler, 14.7.2020)