Mittlerweile Corona-Routine: Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) gibt jeden Dienstag ein Update zur Lage auf dem Arbeitsmarkt.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Wien – Die in den vergangenen Wochen gesunkene Kurzarbeitszahl in Österreich ist wieder gestiegen. Aktuell sind 454.171 Personen in Kurzarbeit, gab Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) am Dienstag bekannt. Vor einer Woche waren es lediglich 403.382 Personen gewesen. Der leichte Anstieg sei zu erwarten gewesen, weil Betriebe rückwirkend Verlängerungsanträge stellen können, hieß es.

Bis zur vergangenen Woche hatte sich die Kurzarbeit binnen sieben Tagen fast halbiert. Im Vergleich zum Höhepunkt der Krise beträgt der Rückgang bis Dienstag immerhin rund 900.000 Personen. Die Nachfrage nach Verlängerung der Kurzarbeit ist nach wie vor nicht sehr hoch, derzeit liegen rund 35.000 Verlängerungsanträge vor. Mehr als ein Drittel der Verlängerungsanträge kommt aus dem Bereich der Warenproduktion, also hauptsächlich der Industrie, und nur noch rund 15 Prozent aus dem Handel; am Höhepunkt der Krise waren die beiden Bereiche etwa gleich stark vertreten.

Schon heuer rechnet Wifo-Chef Christoph Badelt wieder mit leichtem Wachstum. Die Arbeitslosenzahlen werden trotzdem hoch bleiben, wie er in der ORF-"Pressesunde" erläuterte.
ORF

Die Kurzarbeit werde im Herbst verlängert, versicherte Aschbacher, die aber kein genaues Konzept nennen wollte – oder konnte, denn man befinde sich erst in Gesprächen. Man wolle aber sicherstellen, dass dort geholfen wird, wo es gebraucht wird. Bis Ende Juli will die Ministerin Details ausgearbeitet haben.

Arbeitslosigkeit leicht gesunken

Die Arbeitslosigkeit ging indes leicht zurück. Ohne Job sind in Österreich aktuell 438.421 Menschen, etwas weniger als vorige Woche. Davon sind 390.541 Personen arbeitslos gemeldet, und 47.880 Personen befinden sich in Schulung. Die Arbeitslosenzahlen seien binnen einer Woche um rund 3.700 zurückgegangen, damals waren 442.089 Menschen ohne Job gemeldet. Gegenüber dem Höhepunkt der Krise sei die Arbeitslosenzahl um rund 146.000 Personen gesunken, so die Ministerin.

Eine große Herausforderung sei nach wie vor bei der Jugendbeschäftigung gegeben, aktuell seien 64.370 unter 25-Jährige in Arbeitslosigkeit oder Schulung.

Aschbacher kündigte deshalb ein Programm für rund 1.000 arbeitslose Jugendliche an, die an Ausbildungsbetriebe vermittelt werden sollen. Weil am Arbeitsmarkt Angebot und Nachfrage geografisch nicht immer zusammentreffen – es gibt im ländlichen Raum und in Westösterreich häufiger offene Stellen, die nicht besetzt werden können –, will die Regierung die Umzugs- und Fahrtkosten der Jugendlichen in dem Programm übernehmen, die bereit sind, in ein anderes Bundesland zu ziehen.

SPÖ, Gewerkschaft und FPÖ fordern Maßnahmen für Frauen

Aber nicht nur Jugendliche haben es auf dem Arbeitsmarkt während Corona schwer. Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) lenkte die Aufmerksamkeit am Dienstag auf eine andere Gruppe, die besonders hart getroffen ist: Frauen. Österreich habe immer noch knapp 65.000 Arbeitslose mehr als vor der Corona-Krise – 85 Prozent davon sind Frauen, betont der ÖGB. Branchen mit einem hohen Frauenanteil wie Gastronomie und Hotellerie leiden besonders unter der Corona-Pandemie. SPÖ, Gewerkschaft und FPÖ forderten angesichts der aktuellen Arbeitslosenzahlen mehr Maßnahmen für Frauen.

"Die wöchentliche Präsentation der Arbeitsmarktzahlen bringt Frauen nicht rascher zurück in den Arbeitsmarkt", sagte ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende Korinna Schumann in Richtung Arbeitsministerin: "Was wir brauchen, ist die dringende Wiedereinführung der Verwendung von zumindest 50 Prozent des Arbeitsmarktservice-Förderbudgets für Frauen, die unter der letzten Regierung abgeschafft wurde."

SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek forderte einen Krisengipfel mit Frauenorganisationen. Mehr als die Hälfte der Frauen arbeite in unsicheren und atypischen Beschäftigungsverhältnissen, so Heinisch-Hosek. Daher sei eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt für sie schwieriger.

Auch die FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker forderte umfassende Maßnahmen gegen die Frauenarbeitslosigkeit. "Die Krise hat uns gezeigt, dass viele Frauen in systemrelevanten Bereichen während der Covid-19-Pandemie das System aufrechterhalten haben. Wir haben aber nunmehr ein massives Problem mit jenen, die in unsicheren oder atypischen Bereichen gearbeitet haben", so Rosa Ecker. Für sie müsse es "umgehend Angebote, wie Schulungs- und Ausbildungsmaßnahmen geben, damit sich diese Frauen für einen besseren und vor allem sichereren Job qualifizieren können".

KMUs bauten viele Jobs ab

Passend zum Thema der Regierungspressekonferenz wurde ebenfalls am Dienstag eine Umfrage veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass heimische Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) im Juni im Schnitt zehn Prozent weniger Personal beschäftigten als vor einem Jahr. Rund 500 Unternehmen aus unterschiedlicher Branchen wurden dazu befragt. Von den verbliebenen Mitarbeitern waren zum Zeitpunkt der Befragung etwa ein Drittel in Kurzarbeit.

Für das Gesamtjahr 2020 gehen die Unternehmen von Einnahmenausfällen im Ausmaß von über einem Drittel (38,8 Prozent) aus. Bei der ersten Umfrage der freien Wirtschaftsverbände – darunter die Österreichische Hoteliervereinigung, der Handelsverband, der Gewerbeverein, der Senat der Wirtschaft sowie das Forum EPU – im Mai lag der coronabedingte Umsatzrückgang noch bei 498.000 Euro. Trotz Lockerung der Maßnahmen zeigten sich die Unternehmen nun noch pessimistischer und gehen von einem Rückgang um durchschnittlich 635.000 Euro aus.

Mit Folgen. Denn auch bei den Investitionen stehen die Zeichen auf Eintrübung: Wurde das Ausmaß der Investitionsrückgänge bei der ersten Umfrage vom Mai noch mit 354.000 Euro je Betrieb angegeben, so lagen sie im Juni bei im Schnitt 460.000 Euro.

100-Prozent-Garantien ab Samstag

Aber zurück zur Pressekonferenz der Regierung: Denn zur dienstäglichen Routine gehört nicht nur die Entwicklung des heimischen Arbeitsmarkts, sondern auch ein Ausblick der Wirtschaftsministerin. Der war es zuerst ein Anliegen, Klarheit bezüglich der staatlichen 100-Prozent-Garantien für Kredite zu schaffen. Diese können ab Samstag in Anspruch genommen werden, so Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) – da habe es in den Medien zuletzt widersprüchliche Informationen gegeben.

Bei den Garantien müsse man sich nicht um Wettbewerbsverzerrungen sorgen, so die Ministerin. Österreich habe in Brüssel erreicht, dass alle europäischen Länder solche Garantien geben können. Und diese Garantien seien auch kein Verprassen von Steuergeldern – es handle sich eben um Garantien und nicht um Zuschüsse.

Die Aufgabe sei, Strukturen, Unternehmen und Arbeitsplätze zu sichern. Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer hohen Zahl an Insolvenzen seien viel fataler als Hilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten – das heißt Unternehmen, die 50 Prozent ihres Eigenkapitals aufgebraucht haben. (red, APA, 14.7.2020)