Erdbeobachtung als Basis für humanitäre Hilfseinsätze.

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Eine Satellitenaufnahme vom Rohingya-Camp in Kutupalong in Bangladesch. Ärzte ohne Grenzen leisten in dem weltweit größten Flüchtlingslager Gesundheitsaufklärung und organisierten Impfaktionen.

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Salzburg – Um Hilfseinsätze in Krisen- und Katastrophengebieten planen zu können, braucht es im Vorfeld jede Menge Daten. Lange waren Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen dabei auf nicht sehr zuverlässige Angaben aus der Bevölkerung und von lokalen Behörden angewiesen. Seit einigen Jahren werden auch Satellitenbilder herangezogen, um Informationen über Gebiete zu bekommen.

In einem neuen Christian-Doppler-Labor in Salzburg sollen nun Methoden entwickelt werden, um die Bilder aus dem All schneller analysieren zu können. Die in den Luftbildern enthaltenen Daten werden so aufbereitet, dass sie bei der Vorbereitung von humanitären Einsätzen am Boden helfen.

Das neue Christian-Doppler (CD)-Labor für raumbezogene und erdbeobachtungsbasierte humanitäre Technologien ist letzten Mittwoch eröffnet worden. Erstmals ist mit Ärzte ohne Grenzen eine NGO Partner eines Labors der Christian-Doppler-Gesellschaft.

Flüchtlingslager und Bevölkerungszahlen

Anhand der Satellitenbilder kann etwa abgeschätzt werden, wie viele Menschen sich in einem Flüchtlingslager befinden. "Wir sehen auf dem Satellitenbild nicht die einzelne Person, aber Personengruppen und beobachten die Unterkunftsstrukturen", erläutert Stefan Lang, Leiter des CD-Labors und langjähriger Kooperationspartner von Ärzte ohne Grenzen.

Die Helfer müssen wissen, wie viele Menschen sich in einem Lager angesiedelt haben, um abschätzen zu können, wie viel an Lebensmitteln, Wasser und medizinischer Hilfe benötigt wird oder wo Brunnen gebaut werden sollten.

Je nach Bildmaterial könnten mit der Erdbeobachtung auch sehr verlässliche Bevölkerungszahlen ermittelt werden. Denn in konfliktreichen Gegenden gebe es oft keine Volkszählungen oder nur sehr alte Daten.

In Malaria-Gebieten werden mit den Satellitenbildern auch Mückenhabitate ermittelt. "Komplexer wird es, wenn die Erdbeobachtung mit anderen Modellen zusammengebracht werden muss", sagt der Geograf. Etwa für Risikoanalysen, wo Satellitenaufnahmen auch mit Wetterdaten verknüpft werden.

Überblick über die Lage

"Im neuen Doppler-Labor wollen wir den gesamten technischen Prozess von der Analyse der Satellitendaten bis zur Bereitstellung aller Informationen an NGOs weitgehend automatisieren", erläutert Stefan Lang. Auch an der Datenübermittlung wird gearbeitet. Herauskommen sollen Karten oder Visualisierungen, die den Einsatzteams schnell und unkompliziert einen Überblick über die Lage verschaffen.

"Von der Zusammenarbeit in dem Christian-Doppler- Labor erhoffen wir uns, dass wir die Arbeit mit diesen Informationen auf ein nächstes Level heben und Menschen in Not noch rascher und effizienter helfen können", sagt Edith Rogenhofer von Ärzte ohne Grenzen.

Das Labor wird für sieben Forschungsjahre von der Christian- Doppler-Gesellschaft und Ärzte ohne Grenzen gemeinsam finanziert. Das Budget beträgt rund eine Million Euro, davon kommen rund 600.000 Euro von der öffentlichen Hand, vom Digitalisierungsministerium, der Rest vom Kooperationspartner. (Stefanie Ruep, 22.7.2020)