Ein Bild aus besseren Tagen: Bis vor drei Jahren bespielte Francesca Habsburg mit ihrer Kunststiftung das ehemalige Ambrosi-Atelier im Wiener Augarten. Hier ein Bild von einer Ausstellung mit Werken von Ernesto Neto.
Foto: Jens Ziehe / Photographie

Seit beinahe drei Jahren steht das Areal leer. Die Baugruppe im südöstlichen Teil des Augartens wurde in den 1950er-Jahren als Atelier für den Bildhauer Gustinus Ambrosi erbaut, nach seinem Tod dann als Museum genutzt. Zuletzt waren in einem Teil die Ausstellungsräume der TBA21 untergebracht, der Kunststiftung von Francesca Habsburg.

Mit dem Abzug von Habsburgs Stiftung aus Wien traten zwei Interessenten auf den Plan, die jeweils ganz unterschiedliche Pläne vorlegten, wie der Gebäudekomplex im abgelegenen Augarten-Eck genutzt werden konnte: der Verein Bucharischer Juden und das Performancehaus Brut, das im Künstlerhaus am Karlsplatz seine Heimstatt verloren hat.

Die zuständige Burghauptmannschaft schlug vor, dass sich die beiden Interessenten auf ein gemeinsames Konzept einigen sollten – die mitgliederstarke jüdische Gemeinde, die ihre historischen Anfänge in Zentralasien hat, und das für seine gewagten Performances bekannte Brut. Eine originelle Idee.

Dass das nicht gutgehen kann, war Beobachtern von Anfang an klar. Vergangene Woche sah dies nach vielen Gesprächen und Verhandlungen auch die Burghauptmannschaft ein und zog einen vorläufigen Schlussstrich unter die Causa. "Es wird eine neue formelle Ausschreibung geben", kündigte Hofrat Reinhold Sahl im Gespräch mit dem STANDARD an.

Langes Vergabeverfahren

Womit die bereits seit langem anstehende Entscheidung, wer schlussendlich in das ehemalige Ambrosi-Atelier einziehen wird, noch einmal aufgeschoben wurde: um zumindest ein Jahr – so lange soll das Vergabeverfahren nämlich dauern. Für das Brut, das seit der Renovierung des Künstlerhauses ein nomadisches Dasein fristet, ist das ein herber Schlag. "Ob wir uns auf die geplante Ausschreibung bewerben werden, ist von den zu erfüllenden Kriterien, die in der neuen Ausschreibung vorgegeben werden, abhängig", verlautbarte man zerknirscht aus den Theaterferien. Gern wäre man auch zu einer mittelfristigen zweijährigen Zwischennutzung bereit gewesen, doch eine Antwort habe man diesbezüglich nie erhalten.

Erst im vergangenen Jahr veranstaltete das Brut im Augarten-Eck teilweise das Tanzfestival Imagetanz – der Plan war, in den Gebäuden ein Performancezentrum mit Theatersaal, Studios und Proberäumen zu verwirklichen. Tatkräftig unterstützt wurde es dabei von Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ), die auf politischer Ebene für das Brut zuständig ist und deren Dramaturgin beim Steirischen Herbst Brut-Co-Leiterin Kira Kirsch war. Nachdem der Druck auf die Burghauptmannschaft und das zuständige Wirtschaftsministerium nicht fruchtete, sprach sich Kaup-Hasler zuletzt für eine Neuausschreibung des Augarten-Ecks aus. "Der Stillstand muss schließlich beendet werden", so ihr Sprecher.

Ebenso wie das Brut verfügen auch die Gegenspieler vom Verein Bucharischer Juden über einflussreiche Unterstützer, namentlich im ÖVP-Abgeordneten Martin Engelberg. Er unterstütze das Projekt, richtete er dem STANDARD schriftlich aus "weil ich es für eine sehr gelungene Idee der Wiederbelebung jüdischen Lebens in der Leopoldstadt und obendrein für einen Beitrag multikulturellen Lebens und des gegenseitigen Kennenlernens und daher der Verständigung halte". Politische Lobbyarbeit des in der ÖVP bestens vernetzten Abgeordneten für seine Anliegen streitet der Obmann des Vereins der Bucharischen Juden, Israel Abramov, aber kategorisch ab: "Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unserem Konzept bei der Ausschreibung erfolgreich sind."

Dreiteilige Nutzung

Dieses sieht eine dreiteilige Nutzung des Augarten-Areals vor: Zum einen soll ein für alle zugänglicher gastronomischer Bereich eingerichtet werden, "ähnlich dem Baschly bei der WU", das vom Bruder Abramovs geführt wird. Ein kleiner Raum wäre für Vereinsaktivitäten vorgesehen, der große Raum für kulturelle Veranstaltungen, sowohl für Mitglieder der Gemeinde als auch für Veranstalter von außerhalb.

Die "kulturelle Nutzung" des Areals ist eine der Vorgaben der Burghauptmannschaft, ebenso seine öffentliche Zugänglichkeit. Damit hat auch Abramov kein Problem: "Wir planen mit Kulturträgern zu kooperieren, die sich bei uns wohlfühlen." Er führt das Jüdische Museum an, dessen Direktorin, Danielle Spera, bereits Interesse signalisiert habe. Spera ist übrigens die Ehefrau von Martin Engelberg, der genauso wie der Verein Bucharischer Juden eine Oppositionsrolle in der Israelitischen Kultusgemeinde einnimmt.

Die internen Konflikte in der Kultusgemeinde bilden eine zusätzliche Frontlinie in der Causa, die dadurch nicht einfacher wird. Präsident Oskar Deutsch gibt sich auf Anfrage wortkarg und betont, dass es sich bei dem Augarten-Projekt um kein Projekt der Kultusgemeinde handle. Deutsch soll auch Sicherheitsbedenken geäußert haben. Auskunftsfreudiger der Obmann des Vereins Bucharischer Juden, Israel Abramov: "Herr Deutsch ist generell zurückhaltend gegenüber Vorschlägen, die vom Verein Bucharischer Juden kommen."

Fortsetzung garantiert. (Stephan Hilpold, 14.7.2020)