Wolfgang Pöschl folgt auf Ilse Huber und wacht über das parlamentarische Ibiza-Verfahren.

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Wolfgang Pöschl weiß, was auf ihn zukommt, wenn er an diesem Mittwoch seine erste Sitzung als Verfahrensrichter im Ibiza-Untersuchungsausschuss leitet. Schon in seiner Rolle als Stellvertreter hatte der 73-Jährige an langen Tagen manche Befragung übernommen, um die bisherige Verfahrensrichterin Ilse Huber zu entlasten. Doch während Huber für ihr lasches Agieren Kritik erntete, wird Pöschl von Beobachtern ein so präziser wie hartnäckiger Stil attestiert. Da war es naheliegend, dass der 2013 pensionierte Richter von den Abgeordneten zu Hubers Nachfolger gewählt wurde, nachdem sie als Reaktion auf raue Umgangsformen zurückgetreten war, die sie im "Oasch"-Sager der Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper gipfeln sah.

Auch Pöschl findet, dass die verbalen Konflikte heftiger geworden sind im Vergleich zum BVT-Ausschuss 2018, in dem er bereits als Vizeverfahrensrichter fungierte. Wobei er hinzufügt: "Mir macht diese aufgeheizte Stimmung gar nichts." Kaum verwunderlich, dass Pöschl sich in seiner Freizeit in Fußballstadien wohlfühlt.

Parteiisch will oder darf der gebürtige Wiener aber selbst beim Fußball nicht sein, amtiert er doch auch als Chef des Ethikkomitees der Bundesliga. Zuletzt verdonnerte das Gremium unter Pöschls Ägide Rapid zu einer Geldbuße von 5.000 Euro, weil der Verein ein grob sexistisches Spruchband von Fans nicht umgehend entfernt hatte. Das Komitee legte sich einst gar mit Jörg Haider an, der als Präsident des FC Kärnten Schiedsrichter pauschal als "käufliche Ganoven" beschimpfte. Seine eigenen Schuhe aus der Zeit als Rechtsaußenverteidiger beim unterklassigen "Club der Wiener Fleischer" hatte Pöschl da schon längst an den Nagel gehängt.

Apropos Verteidiger. In Studententagen wollte Pöschl lieber Rechtsanwalt werden, der Richterjob erschien ihm zu trocken. Doch da er mit 23 Vater wurde und sich ihm bald die Möglichkeit einer Übernahme als Richter bot, ergriff er diese Chance auf ein geregeltes Einkommen. Er fand Geschmack daran und stieg bis zum Richter am Oberlandesgericht Wien auf, dessen Vizepräsident er zwölf Jahre lang war. Nebenbei leitete er etwa eine Delegation des Center of Legal Competence in Bulgarien, um nach der Wende bei der Angleichung des dortigen Rechtssystems an EU-Standards mitzuwirken. In den nächsten Monaten wird er wohl fragen müssen, welchen normativen Standards denn eigentlich Österreich genügt. (Theo Anders, 14.7.2020)