Foto: AFP

Im kommenden Winter jährt sich der Arabische Frühling zum zehnten Mal. Die damaligen Prognosen, dass im Nahen Osten kein Stein auf dem anderen bleiben würde, haben sich erfüllt – wenn auch anders, als es sich die Menschen auf den arabischen Straßen damals vorgestellt hatten. Zu den bemerkenswertesten Entwicklungen seither gehört der Aufstieg eines kleinen arabischen Golfstaats mit nicht einmal zehn Millionen Einwohnern – davon nur etwa 13 Prozent Staatsbürger –, der heute nicht nur politische und militärische Macht bis nach Afrika projiziert, sondern neuerdings auch bis in den Weltraum.

Zwar fiel der Start der Marsmission der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) am Dienstag dem Schlechtwetter zum Opfer, aber das ändert nichts an dem, was die VAE geschafft haben: ihr totales "Rebranding" als modern und weltoffen. Am Vorabend des 50-Jahr-Jubiläums ihres Bestehens 2021 zelebrieren sie Nation, Panarabismus und internationale Kooperation, konkret mit den USA und Japan, von wo aus die Rakete startet. Fast schon überflüssig zu sagen, dass ein Drittel des am Projekt beteiligten Teams weiblich sein musste, inklusive Wissenschaftsministerin.

Und dennoch wird man der Sache als Beobachter nicht völlig froh. Den höchsten Bewertungen der VAE als entwickelt, kompetitiv, innovativ steht die Tatsache einer prinzipiellen Unfreiheit gegenüber, die nicht einmal als Manko, sondern als Teil des Erfolgsrezepts gesehen wird. Es ist eine selektive Moderne, wie wir sie von China kennen. (Gudrun Harrer, 14.7.2020)