Sogenannte "Da-Vinci"-Operationssysteme unterstützen bei chirurgischen Eingriffen.

Foto: KHBBWien

Anton Ponholzer, Vorstand der Abteilung für Urologie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien, während einer Operation mit "Da-Vinci".

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Menschliche Chirurgen waren gestern. Am OP-Tisch werkelt einzig ein vollautomatischer Roboter am schlafenden Patienten vor sich hin, bis der Blinddarm entfernt, die künstliche Hüfte eingesetzt ist. Was nach Science-Fiction klingt, ist es auch. Denn Hightech-Gehilfen im OP-Saal sind zwar längst Realität, "Roboter-Ärzte" sind aber nach wie vor aus Fleisch und Blut. "Der Roboter ist nur ein Instrument, von selbst macht er gar nichts", sagt Anton Ponholzer, Vorstand der Abteilung für Urologie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien und der bisherige Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Roboterchirurgie.

Seit gut 20 Jahren kommen bei chirurgischen Eingriffen sogenannte "Da-Vinci"-Operationssysteme in unterschiedlichen Ländern weltweit zum Einsatz, und zwar in der Urologie und der Gynäkologie. In Österreich gibt es über zehn der etwa eineinhalb Millionen Euro teuren Geräte. Ponholzer schätzt, dass hierzulande etwa 50 Chirurgen diese Technologie anwenden.

Punktgenau und zitterfrei

In Ponholzers Abteilung wird auf "Da-Vinci" vor allem bei Prostata-Operationen zurückgegriffen. Vier bewegliche und zitterfreie Roboterarme führen den Eingriff aus. Gesteuert werden sie von einem Arzt, der an einer Konsole sitzt und über eine Stereokamera dreidimensionale, zehnfach vergrößerte Bilder vom Körperinneren erhält. Die Technologie ermöglicht Chirurgen, die Instrumente millimetergenau zu führen – bei Prostata-Krebs ist das besonders relevant, um Inkontinenz und Impotenz zu verhindern. Und die Präzision bringt auch andere Vorteile mit sich: Die Patienten haben kleinere Operationsnarben, benötigen weniger Schmerzmittel und erholen sich schneller.

Auch abseits des OP-Saals erleichtern digitale Technologien den Alltag. "Wir können uns per Konferenzschaltung mit Kollegen anderer Häuser beraten und datengeschützt auch von Zuhause aus auf alle Befunde unserer Patienten zugreifen. Das erleichtert den Spitals-Alltag sehr", so Ponholzer. Viele Corona-bedingt abgesagte Veranstaltungen werden nun als Videokonferenz via Webex oder anderer Tools ins Netz verlagert.

Virtuelle Ordinationen im Aufbau

Die Corona-Krise habe der Digitalisierung im Gesundheitswesen einen zusätzlichen Schub verliehen, sagt Hubert Wackerle, Geschäftsführer der IT-Services der Sozialversicherung. So könnten Videokonsultationen, abgesichert durch Datenschutz- und Authentifikationssysteme, etwa bei einer nötigen Dauermedikation künftig den Arztbesuch ersetzen. Die kontaktlose Medikamentenverschreibung im Rahmen der Corona-Krise habe sich sehr bewährt, bis 2022 solle das e-Rezept flächendeckend eingeführt werden.

Datensicherheit und Bandbreite im Fokus

Für ein zukunftsfähiges Gesundheitswesen bietet die Digitalisierung zahlreiche Chancen: Durch sichere Vernetzung können heute bereits Kliniken, Ärzte und Patienten medizinische Daten einfach und standardisiert austauschen, um die Versorgung zu verbessern.

Mit den wachsenden virtuellen Möglichkeiten steigen auch die Herausforderungen, neben der Datensicherheit vor allem bei der Bandbreite. Beim anstehenden Ausbau der 5G-Netze sei Österreich auf einem guten Weg. In der Krise hätten die Telekom-Anbieter die fürs Homeoffice, aber auch für die "Telefonische Gesundheitsberatung – 1450", dringend benötigten Kapazitäten schnell bereitgestellt, so Wackerle. Auch Infrastrukturbetreiber wie Cisco haben verstärkt Ressourcen zur Verfügung gestellt und die nötigen Netzwerkkomponenten für die ITSV- Rechenzentren sehr rasch erweitert.

Und was ist für die Zukunft zu erwarten? Der Automatisierungsgrad im Gesundheitswesen werde weiter steigen, intelligente Datenbanksysteme würden künftig die Diagnose erleichtern, sagt Wackerle. Ponholzer glaubt, dass die bahnbrechenden Errungenschaften im Labor stattfinden werden. Die Frage sei also, wie künstliche Intelligenz die Forschung vorantreiben wird. Und werden Roboter irgendwann eigenständig im OP-Saal arbeiten? "Das weiß ich nicht", sagt Ponholzer, "aber denkbar ist es schon."