Foto: Robert Newald / Montage

Update: Die Übersicht der größten Medienhäuser 2022 finden Sie unter diesem Link.

Hermann Petz hat sein erstes Wirtschaftsjahr unter Corona-Bedingungen schon hinter sich. Mit 30. Juni schloss die Innsbrucker Moser-Holding, einer der größten Verlagskonzerne im Land, ihre Bücher für das Geschäftsjahr 2019/20. Vier Monate davon unter Bedingungen des Lockdowns, der ruckartigen Werbeeinbrüche, massiver öffentlicher Wirtschaftshilfe mit Sondermedienförderungen von 40, 50 Millionen Euro, der Lockerungen und einer neuen, sogenannten Normalität, die sich ab heute, Freitag, wieder häufiger maskiert.

Zehn Prozent weniger Umsatz machten die Moser-Holding und all ihren Beteiligungen in diesem ersten Corona-Jahr, schätzt Vorstandschef Petz. Er rechnet da mit den kompletten Einnahmen der Moser-Holding (Tiroler Tageszeitung) und Beteiligungen wie der RMA, mit Bezirksblättern und anderen Gratiswochenzeitungen reichweitenstärkstes Printangebot im Land. 240 Millionen Euro Umsatz ergibt diese Rechnung, und damit 24 Millionen weniger 2019/20.

Umsatz und Marktumsatz

In der jährlichen STANDARD-Übersicht der größten Medienhäuser steht die Moser-Holding AG mit ihrem konsolidierten Jahresumsatz (104 Millionen Euro 2018/19 laut Jahresabschluss im Firmenbuch). Zudem mit ihrem Marktumsatz – also konsolidierter Umsatz plus Umsätze ihrer Beteiligungen nach der Anteilshöhe. Diese Marktumsätze zeigt die Grafik als weiße Kreisflächen, bei der Moser-Holding sind das 184,2 Millionen. Sie kommen vor allem aus den 50 Prozent an der RMA – wie auch bei der RMA-Mitgesellschafterin Styria.

Beim Red Bull Media House (bis 2019 neben Servus in Stadt und Land, Red Bulletin und Terra Mater auch Vermarkter des konzerneigenen Servus TV) hingegen kommt der Großteil des ausgewiesenen Jahresumsatzes aus dem Mutterkonzern Red Bull – der (vom STANDARD geschätzte) Marktumsatz aus Anzeigen und Vertriebserlösen ist deutlich kleiner.

Die Übersicht der größten Medienhäuser 2020

Eigenangaben, Firmenbuch, Schätzungen auf Basis früherer Daten – darauf basiert, je nach Unternehmen und Auskunftsfreude, der jährliche STANDARD-Überblick.

"Heute" überschätzt

Deutlich kleiner sind auch die Umsätze anderswo. Kleiner, als sie DER STANDARD bisher schätzte, weil Eigentümer und Management darüber schweigen, bisher auch im Jahresabschluss. Doch im Abschluss des Heute-Verlags AHVV für 2018, deponiert beim Firmenbuch 2019, stehen sie erstmals: 38,1 Millionen Euro Umsatz für die Gratiszeitung Heute; heute.at und Netdoktor sind in eigenen, weiter schweigsamen Firmen organisiert. Unsere Umsatzschätzung für die Heute-Gruppe 2018 lag bei 52 Millionen Euro.

Die unsichere Normalität

Wie geht es für Österreichs Medienhäuser weiter unter Corona-Bedingungen? Moser-Chef Petz rechnet für 2020/21 mit ähnlichem Umsatzminus, auch wenn ihn Signale aus dem Markt auf raschere Erholung hoffen ließen. So klingen viele auf die STANDARD-Frage nach Erwartungen.

"Es wird ein extrem herausforderndes Jahr bleiben. Und 2021 ebenso", sagt Gino Cuturi (Wimmer-Holding). "Dank Kurzarbeit, krisenbedingter Kommunikation der öffentlichen Hand und Corona-Medienförderung werden wir mit einem blauen Auge davonkommen", erklärt Alexander Mitteräcker (DER STANDARD), ihn beschäftigt schon "ein mindestens genauso herausforderndes 2021". Ähnlich Markus Mair (Styria). Österreichs größter Medienkonzern ORF rechnet 2020 mit 30 Millionen operativem Minus und 13 Millionen Minus im Abschluss. 75 Millionen Sparprogramm sind angesagt, um das Generalswahljahr 2021 wieder ausgeglichen abzuschließen.

Bei Österreichs größtem Zeitungskonzern Mediaprint (Krone, Kurier) waren keine aktuellen Einschätzungen zu bekommen. Auch dort endete das Geschäftsjahr am 30. Juni. 2018/19 ging der Mediaprint-Umsatz wieder um zehn auf 416 Millionen zurück. Nur um 2,4 Prozent, vor Corona.

Die Erwartungen für 2020 und 2021

Die STANDARD-Übersicht bildet die Vergangenheit ab – großteils das Geschäftsjahr 2019 oder noch weiter zurückliegende Wirtschaftsjahre, mit den großen Verzögerungen von Jahresabschlüssen im Firmenbuch.

DER STANDARD bat Manager und Managerinnen verschiedener Medienhäuser in diesem vom Corona-Virus geprägten Ausnahmejahr auch um ihre Einschätzungen und Erwartungen für das von Corona geprägte Jahr 2020 – und für 2021. Die Perspektiven im O-Ton:

Wimmer-Manager und Miteigentümer Paolo Cuturi, Gino Cuturi, Lorenz Cuturi (von links).
Foto: Volker Weihbold OÖN

"Extrem herausfordernd"

Gino Cuturi, Sprecher der Geschäftsführung und Miteigentümer der Wimmer Holding ("Oberösterreichische Nachrichten"): "Ein Gesamtausblick für das restliche Jahr ist extrem schwierig. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen und Maßnahmen in welchem Umfang im zweiten Halbjahr auf uns zukommen." Gerade die Infektionszahlen in Oberösterreich der vergangenen Wochen zeigten, "dass die Krise noch nicht vorbei ist".

Cuturi: "Relativ sicher ist der Blick in die Vergangenheit , wo wir im Konzern v. a. im Werbemarkt doch einen signifikanten Rückgang gehabt haben, den wir im 2. Halbjahr sicher nicht wett machen können. Die von der Bundesregierung entschiedenen Maßnahmen (Kurzarbeit und reduzierte Mehrwertsteuer-Senkungen sowie Sonderförderungen) unterstützen uns in dieser Zeit – machen aber den Umsatzrückgang nicht wett."

"Weil ich ein positiver Mensch bin, gehe ich davon aus, dass wir ab September wieder höhere Umsätze machen werden. Und der Lesermarkt gewinnt sowieso in Krisenzeiten (aber nicht nur in diesen) einen hohen Stellenwert."

"Es wird weiterhin ein extrem herausforderndes Jahr bleiben. Und 2021, befürchte ich, ebenso."

Markus Mair (Styria).
Foto: APA/HANS PUNZ

"Von Monat zu Monat das Beste daraus machen"

Markus Mair, Vorstandsvorsitzender der Styria Media Group und Präsident des Zeitungsverbandes VÖZ: "In dem Umfeld sind Einschätzungen für dieses Jahr schwierig, weil niemand sagen kann, wie sich Herbst und Winter entwickeln werden, inwieweit Maßnahmen aus gesundheitspolitischer Sicht aussehen werden und wie sie im wirtschaftlichen Kontext wirken. Ich denke, jeder in der Branche kann nur von Monat zu Monat das Beste daraus machen. Und das gilt wohl weiter im 21er-Jahr."

Alexander Mitteräcker (DER STANDARD).
Foto: APA/ANNIEV KOSTA

"Mit einem blauen Auge ..."

STANDARD-Vorstand Alexander Mitteräcker: "Nachdem DER STANDARD im ersten Quartal seinen Wachstumskurs erfolgreich fortgesetzt hat, haben sich mit Corona die Rahmenbedingungen vor allem im Anzeigengeschäft massiv geändert. Dank Kurzarbeit, erhöhter krisenbedingter Kommunikation der öffentlichen Hand über Werbeeinschaltungen und der Corona-Medienförderung werden wir mit einem blauen Auge davonkommen und beschäftigen uns mit der Planung für ein mindestens genauso herausforderndes 2021."


Gerold Riedmann ("Vorarlberger Nachrichten")
Foto: APA/HANS PUNZ

"Unabhängiger und stärker als zuvor"

Gerold Riedmann, Chefredakteur und Geschäftsführer der "Vorarlberger Nachrichten" (Russmedia): "2020 ist ein außerordentlich intensives Jahr, das gerade für die Digitalisierung auch große Möglichkeiten eröffnet. Die VN-Initiative #VorarlbergHältZusammen hat während des Lockdowns weit über die Zeitung hinaus gewirkt. Wir haben digitale Events wie die 'Top 100 – Gala' der 'Vorarlberger Nachrichten' oder die Digitalkonferenz 'Interactive West' von Russmedia Digital veranstaltet, sogar unser Lesefestival für Kinder, 'Buch am Bach', fand digital statt, noch bevor die Schulen wieder öffnen konnten. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in ihren Wohn- und Arbeitszimmern nicht nur das bisherige Programm bewältigt, sondern neue Videoformate über Zoom produziert und mit dieser Flexibilität lokalen Digital- und Printjournalismus lückenlos gewährleistet. Wir setzen seit Jahren auf eine gesunde Mischung aus Abonnement- und Werbeumsätzen und sind überzeugt, dass wir nach der akuten Krisenphase mit Einbrüchen vor allem am Werbemarkt unabhängiger und stärker als zuvor sein werden."

Joachim Feher (RMS)
Foto: Sabine Hauswirt

Die Unbekannte im zweiten Halbjahr

Joachim Feher, Geschäftsführer der Privatradiovermarkterin RMS, nützt die Prognose für Gattungsmarketing: "Im ersten Halbjahr hat Privatradio von allen Mediengattungen die beste Performance, Radio bietet alles, was Auftraggeber aktuell brauchen, günstig in Produktion und Schaltung, schnell und flexibel, starke Durchdringung und Aktivierung. Wie das zweite Halbjahr im Werbemarkt wird, kann aktuell niemand sagen, ich bin mir aber sicher, dass Radio weiterhin überproportional gut performen wird, das Niveau ist allerdings die Unbekannte."

Wolfgang Fellner, Mediengruppe Österreich.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

"Überraschend gut durch die Krise"

Wolfgang Fellner (Mediengruppe Österrreich), ebenfalls bekannt versiert im Eigenmarketing: "Wir sind überraschend gut durch die Corona-Krise gekommen. Im April und Mai gab es bei den Werbe-Erlösen ein Minus von etwa 15 Prozent, die Erlöse im Juni lagen in Print bereits auf Vorjahresniveau, im Juli liegen die Werbe-Erlöse Print bei plus 12 Prozent gegenüber Vorjahr, bei TV und Digital weiter bei etwa minus 10 Prozent. Durch Sparmaßnahmen, Kurzarbeit und Medienförderung ist es uns gelungen, den Budgetplan einzuhalten. Gleichzeitig hat uns Corona steigende Leser- und Seherzahlen gebracht. Vor allem die Gratis-Zeitung oe24, die die Corona-Krise genutzt hat um ihr Geschäftsmodell auf Gratis-Boxen vor fast allen Lebensmittelhändlern in Wien und NÖ zusätzlich zu den bestehenden Öffi-Boxen zu erweitern, registriert deutliche Leserzuwächse. Und oe24-TV konnte seinen Marktanteil im ersten Halbjahr in der Werbezielgruppe 12 bis 49 laut Teletest von 0,3 auf 0,9 Prozent verdreifachen."

Telekoms im TV-Geschäft

Im Mediengeschäft sind klassische Medienunternehmen schon lange nicht mehr alleine – digitale Riesen wie Google und Facebook sind mit 119 und 65 Milliarden Euro Werbeumsatz 2019 globale Weltmarktführer. Die großen Telekomkonzerne sind längst auch im TV-Geschäft – die Umsätze mit diesem TV-Geschäft verraten sie bisher nicht, auch Kundenzahlen in diesem Feld geben einige nicht gern preis.

In dieser Übersicht listen wir die drei großen Telekoms in Österreich mit TV-Aktivitäten (Magenta kaufte das UPC-Kabelnetz) mit ihrem Gesamtumsatz in Österreich. Dazu die ORF-Sendertochter ORS (zu 40 Prozent im Besitz von Raiffeisen) mit ihren im Firmenbuch ausgewiesenen Umsätzen. Und, ebenso mit Daten aus dem Firmenbuch, die beiden Plakatunternehmen Gewista und Epamedia – die sind von jeher ohne eigene redaktionelle Inhalte im Werbegeschäft.

(Harald Fidler, 24.7.2020)