Drei Parteien wollen mehr Budget fürs Heer.

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Frage 1: Das Budget des Bundesheeres gilt seit Jahren als unterdotiert. Wie viel Prozent des BIP würde Ihre Partei dafür veranschlagen?

Michael Hammer, ÖVP-Wehrsprecher: Wir verfügen heuer über das höchste Budget in der Geschichte unseres Heeres. Im Vergleich zu 2019 haben wir ein um 9,9 Prozent höheres Budget. Klar ist, Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Klar ist auch, dass wir den Investitionsrückstau nicht mit einem Regelbudget ausbessern werden.

Robert Laimer, SPÖ-Wehrsprecher: Es bedarf einer dringend notwendigen Erhöhung des Bundesheer-Budgets auf drei Milliarden Euro ab dem Jahr 2021 und der stufenweisen Erhöhung auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Reinhard Bösch, FPÖ-Wehrsprecher: Die FPÖ fordert für das Jahr 2021 drei Milliarden Euro und danach eine schrittweise Anhebung auf ein Prozent des BIP bis 2030.

David Stögmüller, Grünen-Wehrsprecher: Wir müssen in den kommenden Jahren nicht mit klassischen, militärischen Angriffen rechnen. Aber allein in diesem Jahr haben wir bereits einen Cyberangriff abgewehrt und bekämpfen eine Pandemie. Für die daraus abgeleiteten Aufgaben sollten zwischen 0,5 und ein Prozent veranschlagt werden.

Douglas Hoyos, Neos-Wehrsprecher: Neos würde für das Bundesheer und sein aktuelles Anforderungsprofil ein Prozent des BIP als angemessen sehen. Neos steht aber für eine Reform dieses Profils und einen schrittweisen Übergang zu einem Freiwilligenheer auf europäischer Basis. Das würde Geld sparen und die Schlagkraft erhöhen.

Frage 2: Wie viel des Militäretats soll am besten in die Katastrophenhilfe und Pandemiebewältigung fließen?

Michael Hammer, ÖVP-Wehrsprecher: Der aktuelle Investitionsbedarf kann sich von Jahr zu Jahr wandeln. Klar ist, dass wir uns mit dem Budget auf jene Aufgaben vorbereiten müssen, die am wahrscheinlichsten sind. In den Bereichen Blackout, Pandemien, Cyberangriffe oder Naturkatastrophen besteht hier derzeit der größte Bedarf.

Robert Laimer, SPÖ-Wehrsprecher: Bereits bisher leistete das Bundesheer hervorragende Arbeit im Bereich der Katastrophenhilfe. Hier geht es nicht um Geld, sondern um etwas anderes. Die geplante Reduktion auf einen technischen Hilfsdienst auszurichten ist nicht nur verantwortungslos, es ist auch nicht verfassungskonform!

Reinhard Bösch, FPÖ-Wehrsprecher: Dem Bundesheer obliegt laut Bundesverfassung die militärische Landesverteidigung, und genau darauf ist es auszurichten. Dafür bekommt das Bundesheer ein Budget. Nur wenn das Bundesheer das kann, sind auch Assistenzleistungen wie Katastrophenhilfe möglich.

David Stögmüller, Grünen-Wehrsprecher: Eine strenge Trennung zwischen militärischen und zivilen Aufgaben ist im Budget nicht sinnvoll möglich. Trotzdem wird es im Rahmen der bevorstehenden Reform wichtig werden, sich besonders auf realistische Bedrohungen wie Blackout, Pandemie und Naturkatastrophen zu konzentrieren.

Douglas Hoyos, Neos-Wehrsprecher: Katastropheneinsätze können nicht getrennt vom Gesamtbudget des Bundesheeres gesehen werden. Arbeitszeit und Ausrüstung werden dabei genauso eingesetzt wie Material der Pioniere, das sowohl im konventionellen Militärbetrieb als auch im Assistenzeinsatz zur Verwendung kommt.

Frage 3: Hat die klassische Landesverteidigung ausgedient? Für welche konventionellen Bedrohungen muss nach wie vor vorgesorgt werden?

Michael Hammer, ÖVP-Wehrsprecher: Nein. Wir müssen uns auf konventionelle Bedrohungen und neue Bedrohungen vorbereiten. Zum Teil verschwimmen hier die Grenzen. Denken wir an Terrorangriffe, bei denen vermehrt auch militärisches Gerät genutzt wird. Damit braucht es auch entsprechendes Gerät und Know-how des Heeres.

Robert Laimer, SPÖ-Wehrsprecher: Klar ist, dass sich auch künstliche Intelligenz in militärischen Strategien weiterentwickelt und neue Bedrohungsszenarien schafft. Diesen unterschiedlichen hybriden Bedrohungen muss sich selbstverständlich die Landesverteidigung stellen, um die staatliche Handlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten.

Reinhard Bösch, FPÖ-Wehrsprecher: Nein, das ist Wunschdenken der ÖVP. Das Risikobild 2020 des Verteidigungsressorts lautet: Leider verschlechtert sich das sicherheitspolitische Umfeld Europas und damit auch Österreichs. Neutralitätsverletzungen werden angeführt wie Raketen- und Drohnenbedrohungen oder "hybride Angriffe".

David Stögmüller, Grünen-Wehrsprecher: Österreich steht anderen Herausforderungen gegenüber als noch vor 40 Jahren. Ein militärischer Konflikt in Österreich oder den Nachbarländern ist kein realistisches Szenario. Der Einsatz von österreichischen Blauhelmen im Rahmen von friedenserhaltenden UN-Missionen bleibt sehr wichtig.

Douglas Hoyos, Neos-Wehrsprecher: Eine konventionelle Bedrohung aus einem Nachbarland ist sehr schwer vorstellbar. Daher ist die wahrscheinlichste konventionelle Bedrohung eine an den EU-Außengrenzen. Dafür bedarf es einer gesamteuropäischen Lösung, an der sich Österreich beteiligen muss.

Frage 4: Soll die Republik weiterhin den Eurofighter-Ausstieg betreiben? Und wie schätzen Sie die Chancen dafür ein?

Michael Hammer, ÖVP-Wehrsprecher: Ja, definitiv. In allen anderen Ländern der "Airbus-Schicksalsgemeinschaft" wurde bereits Wiedergutmachung geleistet. Mit dem Präsidenten der Finanzprokuratur sind wir zuversichtlich, dass Bewegung in die Sache kommt. Es steht und fällt jedoch mit der Justiz. Hier braucht es etwas Tempo.

Robert Laimer, SPÖ-Wehrsprecher: Selbstverständlich. Es wird an den zuständigen Gerichten liegen, ob die Chancen steigen oder sinken.

Reinhard Bösch, FPÖ-Wehrsprecher: Auch wenn die Chancen als gering eingestuft werden, gibt es die Verpflichtung der Republik, dies weiterzuverfolgen.

David Stögmüller, Grünen-Wehrsprecher: Ja, wir sehen den Eurofighter-Ausstieg weiterhin für dringend notwendig. Bei der Beschaffung der Eurofighter kam es möglicherweise zu Korruption und Täuschungen seitens der Hersteller. Die Luftraumüberwachung durch eine Eurofighter-Flotte ist außerdem nicht die kosteneffizienteste Lösung.

Douglas Hoyos, Neos-Wehrsprecher: In naher Zukunft ist ein Eurofighter-Ausstieg unrealistisch. Vor allem, da das Ministerium hier zu lange untätig war. Wir brauchen eine Strategie, um die Luftraumüberwachung langfristig sicherzustellen. Hier fordern Neos schon lange eine europäische Lösung für die aktive Luftraumüberwachung.

Frage 5: Was ist aus Ihrer Sicht für die künftige Luftraumüberwachung unabdingbar?

Michael Hammer, ÖVP-Wehrsprecher: Wir müssen die Luftraumüberwachung umfassend denken. Das heißt: Wir brauchen sowohl Jets, eine starke Fliegerabwehr und auch Radarsysteme, um unseren Luftraum aktiv und passiv sichern zu können.

Robert Laimer, SPÖ-Wehrsprecher: Dass die von der Verfassung vorgegebenen Aufgaben erfüllt werden können und sich Österreich weder in die Abhängigkeit anderer Staaten, der Nato oder eines einzelnen Konzerns begibt.

Reinhard Bösch, FPÖ-Wehrsprecher: Der Bedarf hierfür, welche Flugzeugtypen, die entsprechende Anzahl und die Ausbildungsmöglichkeiten, muss von den Experten des Heeres vorgegeben werden. Betrieb und Pilotenausbildung sollten unabhängig vom Ausland erfolgen.

David Stögmüller, Grünen-Wehrsprecher: Wir haben uns im Regierungsübereinkommen für passive und aktive Luftraumüberwachung ausgesprochen. Bei der Lösung müssen wir besonders auf die Life-Cycle-Cost der einzelnen Flugzeugmodelle achten.

Douglas Hoyos, Neos-Wehrsprecher: Unabdingbar ist ein langfristiger Plan, der die verfassungsrechtlich notwendige Überwachung des Luftraums sicherstellt. Wir plädieren für eine europäische Lösung. (Nina Weißensteiner, Fabian Schmid, 16.7.2020)