Nach dem großen Erfolg von "Normal People" in Großbritannien und den USA konnte sich das Trinity College in Dublin vor Bewerbungen kaum retten. Rund 50.000 und damit elf Prozent mehr als sonst wollten plötzlich dorthin gehen, wo Marianne und Connell in der Serie miteinander, nun ja, ringen.

Worum geht's?

Marianne und Connell sind gern zusammen. Sie haben gemeinsame Interessen, er lacht über ihre Schlagfertigkeit, sie mag sein sanftes, freundliches Wesen. Was sie trennt, ist ihre Herkunft. Und das ist auch in Irland im Jahr 2008 keine Kleinigkeit. Marianne stammt aus wohlbehütetem Hause, ist stolz – und einsam. In der Schule ist sie alleine unterwegs. Wenn sie beim Eisessen ihr Hemd bekleckert, lachen die anderen sie aus.

Connell wohnt mit seiner Mutter in einer dieser Mehrfamilienhäuser am Rande der Stadt. Er ist sportlich, lässig, beliebt, also alles das, was Marianne fehlt. Und sie hat alles, was ihm fehlt. Ihre Beziehung halten sie geheim. "Niemand muss davon wissen", sagt Marianne. Und das soll auch so bleiben, findet Connell, der in der Öffentlchkeit nicht mit der nerdigen Marianne gesehen werden will, weil er Imageverluste fürchtet. Im Geheimen leben sie eine Beziehung voller Erotik und Zuneigung. Über die Jahre hinweg ändert sich hingegen das Bild. Marianne geht ihren Weg, Connell kommt ins Straucheln.

BBC Three

Wer hat das gemacht?

Vorlage zur Serie ist der gleichnamige Bestseller von Sally Rooney. Die 29-jährige Irin schrieb das Drehbuch gemeinsam mit der 33-jährigen Britin Alice Birch. Regie bei der Gemeinschaftsproduktion von BBC und Hulu führten Lenny Abrahamson and Hettie Macdonald. Hierzulande ist "Normal People" auf Starzplay via Amazon Prime Video abrufbar.

Wieso ist das so erfolgreich?

Natürlich sind es die Sexszenen. Doch nicht, was Sie denken! Die Serie wartet nicht mit "Fifty Shades"-Optik auf, sondern verführt mit Szenen, die mehr der Vorstellung von "Teenagersex" entsprechen: Kichern, staunen, spüren, probieren und üben, üben, üben. Abgesehen davon wäre es aber ungerecht, die Faszination für "Normal People" allein auf die hohe Schlagzahl an Erotikszenen zu reduzieren. Mit Daisy Edgar-Jones und Paul Mescal agieren zwei hinreißende Hauptdarsteller in einem Coming-of-Age-Drama, das sich mit einer auf Macht und Image begrenzten Werteskala einer Gesellschaft auseinandersetzt.

Hinreißende Hauptdarsteller Daisy Edgar-Jones und Paul Mescal.
Foto: Screenshot BBC

Warum werden im Moment andauernd Bestseller von Frauen verfilmt?

Egal ob "The Handmaid's Tale", "Little Fires Everywhere", "Unorthodox", "Sharp Objects": Serienverfilmungen für bevorzugt weibliches Publikum stehen im Moment hoch im Kurs und folgen der High-Concept-Idee, mit der Hollywood seit geraumer Zeit die Kasse klingeln lässt und wo schon bei der Herstellung das Vermarktungskonzept mitentwickelt wird. Hat sich ein Buch schon einmal gut verkauft – warum sollte es die Serie nicht tun? Stoffe, wie "Normal People" scheinen für die epische Erzählkunst der neuen Fernsehserie wie geschaffen. Sally Rooney arbeitet schon am Drehbuch für "Conversations with Friends", das sie 2017 geschrieben hat.

Bingen oder einzeln schauen?

Eine Folge dauert knapp 30 Minuten, zwölf sind es insgesamt. Das lässt sich an einem verregneten Samstag relativ locker durchschauen.

Bewertung: 7 Herzen (von 10)

(Doris Priesching, 17.7.2020)

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