Menschen aus verschiedenen Nationen kommen in der ehemaligen Gärtnerei zusammen. In ein paar Jahren sollen hier neue Wohnhausanlagen entstehen.

Foto: Andy Urban

Wien – Tausende Flüchtlinge kamen damals, im Frühherbst 2015, in Österreich an. Zunächst war der Westbahnhof Ankunftsort Nummer eins, später verlagerte sich die Reisebewegung auf den Hauptbahnhof, wo der Verein Train of Hope dann auch sein erstes Logistikzentrum aufbaute.

Die Mitglieder der spontan gegründeten Flüchtlingshilfe verteilten das Notwendigste, das die Menschen auf der Flucht brauchten: Kleidung, Schuhe, Decken, Handtücher und Hygieneartikel. Die Inanspruchnahme war enorm. Noch immer sind die Beteiligten von damals überwältigt, mit wie viel Arbeit sie konfrontiert waren, wie sehr ihre Hilfe gebraucht und angenommen wurde.

Projekt in ehemaliger Gärtnerei

Selbst fünf Jahre später ist die Arbeit von Train of Hope noch nicht vorüber. Aus dem Verein hat sich das House of Hope entwickelt, das nun als Anlaufstelle für in Österreich Ankommende fungiert. 2018 wurde eine ehemalige Gärtnerei in Wien-Liesing bezogen. Das Areal – ein Haus, Garagen- und Abstellflächen sowie die Felder des Betriebs – gehören einer Immobilienentwicklungsfirma.

Sie stellt es dem Verein pacht- und mietfrei als Zwischennutzungsprojekt zur Verfügung, der für die Steuern aufkommen muss. In einigen Jahren sollen hier, "In der Wiesen", Wohnhäuser entstehen. Bis dahin ist hier das House of Hope untergebracht.

Im Haus befindet sich der sogenannte Social Bazar. Die Räume sind thematisch geordnet: Kleidung für Frauen, Männer und Kinder. Es gibt Spielzeug, Kinderwagen, teilweise Möbel oder Geschirr.

In Gemeinschaft garteln

Die Initiatoren beschlossen, auch die Anbauflächen rund ums Haus für ihr Projekt zu nutzen. 2018 luden sie erstmals dazu ein, sich im Gemeinschaftsgarten zu engagieren. Nicht nur Flüchtlinge, auch Anrainer sollten die Möglichkeit haben, sich für Beete anzumelden. Das Angebot wurde sehr gut angenommen. Verlangt wird auch eine Pacht. Sie ist mit zwei bis drei Euro pro Quadratmeter pro Jahr aber sehr gering.

In der nun dritten Saison sind 230 Familien im Projekt dabei, die mehr oder weniger regelmäßig ihre Beete betreuen. Begleitet werden sie von 50 bis 100 Freiwilligen, die sich im House of Hope engagieren.

Einzige Angestellte im Verein ist Manuela Ertl, die gemeinsam mit dem Freiwilligenteam das Projekt leitet. Auf die Zeit seit Beginn der Corona-Krise blickt sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Einerseits gab es vor allem seit Ende des Lockdowns großen Zulauf, weil sich mehr und mehr Menschen für das gemeinschaftliche Garteln interessierten.

Nicht nur Geflüchtete, sondern auch immer mehr Anrainer melden sich für ein Beet an. Andererseits bemerkt der Verein auch das Ausbleiben von Spendengeldern. "Die wirtschaftlich angespannte Lage spüren wir leider", sagt Ertl. Der Verein finanziert sich zu einem großen Teil aus Spendengeldern. Auch eine Förderung des Fonds Soziales Wien wurde in diesem Jahr ausgesprochen.

Bunt gemischte Community

Die Community im Gemeinschaftsgarten ist recht bunt gemischt, was das Alter angeht, aber auch die verschiedenen Nationen. Kinder, Erwachsene, aber auch Ältere tummeln sich. Vor allem an den Wochenenden ist viel los. Viele Menschen kommen aus Afghanistan.

Etwa auch die 27-jährige Sara, die eine der ersten Frauen war, die hergekommen sind. Zu Beginn sprach sie kaum Deutsch und war sehr verängstigt. Mittlerweile kann man sich gut mit ihr unterhalten. Sie führt voller Stolz durch ihre Beete: Gurke, Minze, Mangold, Basilikum und vor allem das in Afghanistan sehr verbreitete Gandana, einen Schnittknoblauch, baut sie hier an.

Sara kommt häufig mit ihren Söhnen her. Die Familie wohnt zwar nicht in der unmittelbaren Umgebung, aber die Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz ist dank der U6-Station Erlaaer Straße sehr gut.

Lenkerbande und Flickerei

Ebenfalls auf dem Areal befinden sich die Lenkerbande und die Flickerei. Neben dem Angebot der wöchentlichen Selbsthilfewerkstatt kümmern sich beide Vereine um die Verwertung gespendeter Räder.

Auch die Lokale Agenda unterstützt das Projekt. Herbert Bork aus dem Agenda-Büro nennt die Aktivierung der Menschen in der Gegend, damit sich auch Anrainer noch stärker einbringen, als sein Ziel.

Noch ist nicht absehbar, wie lange das House of Hope an Ort und Stelle verbleiben kann. Irgendwann sollen Bagger auffahren, um für die Wohnanlagen alles startklar zu machen. Die Vereinsmitglieder hoffen, dass bis dahin noch Jahre vergehen. (Rosa Winkler-Hermaden, 16.7.2020)