Stein des Anstoßes: Statue von Hans Egede in Nuuk.

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Nuuk – Überragend ist die Beteiligung noch nicht, aber immerhin: Es wird gewählt. 879 von 23.123 Wahlberechtigten haben sich an der Abstimmung über den Abbau einer umstrittenen Statue in Grönlands Hauptstadt Nuuk beteiligt. Bisher ist die Mehrheit, 555, dafür sie weiterhin stehen zu lassen. Die Abstimmung, die Fragen aufwirft über die koloniale Vergangenheit auf der riesigen, dünnbesiedelten Insel im Nordatlantik, läuft noch bis zum 21. Juli. Ausgelöst worden war sie von einem Angriff mit Farbe auf eine Statue vor knapp einem Monat.

Das Abbild des dänisch-protestantischen Pfarrers Hans Egede war mit rotem Lack beschüttet worden, zudem war auf dem Sockel das Wort "decolonize" zu lesen. Der Missionar Egede hatte bei der Verbreitung des Christentums in Grönland eine wichtige Rolle eingenommen. Um die Verbindung zu Europa zu signalisieren, steht eine weitere Statue von ihm vor der Frederikskirche in Kopenhagen. Auch sie war, rund eine Woche nach ihrem Ebenbild in Nuuk, Ende Juni mit dem gleichen Wort beschmiert worden.

Weltweit Angriffe auf Statuen

Die Angriffe auf Statuen reihen sich in eine Abfolge von ähnlichen Aktionen ein. So wurden im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste rund um die Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch die Polizei in Minneapolis zahlreiche Abbilder von Generälen der ehemaligen Konföderierten Staaten der USA beschmiert, umgestürzt – oder behördlich entfernt. Proteste hatte es auch gegen Stauten von Kolonialisten und Kolonialverbrechern in Europa gegeben. In Wien wurde das Denkmal des ehemaligen Wiener Bürgermeisters Karl Lueger beschmiert, der als einer der Väter des politischen Antisemitismus gilt und ein Idol Adolf Hitlers war. Über die Zukunft des Denkmals in der Wiener Innenstadt wird seither diskutiert.

Grönland ist weitgehend selbstständig, gehört aber zum dänischen Königreich. Aus den Vorgängerorganisationen der EU ist die Insel nach einem Referendum Anfang der 1980er-Jahre ausgetreten. Aus Kopenhagen wird die Insel aber auch weiterhin finanziell stark unterstützt. US-Präsident Donald Trump hatte vergangenes Jahr Interesse daran gezeigt, Grönland zu kaufen, aber eine Abfuhr bekommen. Die USA haben jüngst aber ein Konsulat dort aufgesperrt und der geostrategisch bedeutenden Insel Finanzhilfen in Millionenhöhe angeboten. (mesc, APA, 16.7.2020)