Gesundheitsminister Anschober und Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl appellieren an die Selbstverantwortung der Menschen. Da, wo viel los ist, sollte man einen Nasen-Mund-Schutz tragen.

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Zurückblicken, um nach vorne schauen zu können: Im Management der Corona-Pandemie kann die Bundesregierung immer öfter auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Damit hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) das Rüstzeug, um für die Zukunft zu planen. Grundfalsch sei die Annahme, dass sich die Bundesregierung entweder für die Gesundheit oder die Wirtschaft entscheide. "Diese beiden Größen hängen unmittelbar zusammen, das lässt sich nicht getrennt betrachten", betonte er bei einer Pressekonferenz am Freitag.

"Wir haben immer gewusst, dass die Bewältigung der Corona-Pandemie kein Sprint und auch kein Mittelstreckenlauf ist, sondern ein Marathon", so sein Vergleich. Man habe mit den regionalen Ausbrüchen gerechnet, jetzt sind sie da, und alles, was jetzt gerade passiert, ist eine Teststrecke für den Herbst. "Viren mögen es kühl, sie verbreiten sich definitiv besser in schlecht belüfteten Innenräumen und vor allem dann, wenn Leute eng zusammenstehen und miteinander reden, schreien oder singen", fasst die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl von der Med-Uni Wien die gesicherten Fakten über Ansteckungsumfelder zusammen.

Selbstverantwortung zählt

Sie appellierte vor allem an die Selbstverantwortung der Menschen. In einem leeren Supermarkt müsse man keine Maske tragen, hingegen dort, wo sich Menschen drängen, schon. "Zusammenhalten heißt vor allem, die Verantwortung für andere übernehmen", nennt es Anschober, und der Mund-Nasen-Schutz sei eben einer von vielen Bausteinen in der Corona-Strategie.

Eine weitere Erkenntnis der Bundesregierung: Ausbrüche auf lokaler Ebene bekämpfen – und nicht wie in Phase eins der Pandemie mit einem generellen Lock-down. Das heißt aber auch: Verstärkung der Testungen, also auch mehr Abstriche bei Menschen ohne jedes Krankheitssymptom, so wie es derzeit rund um die Cluster in Niederösterreich, Wien und Oberösterreich passiert. Das Ergebnis sei gut und schlecht gleichzeitig, betont der Minister. Denn zum einen findet man auf diese Weise Infizierte ohne Symptome, das ist positiv, auf der anderen Seite steigen damit auch die Infektionszahlen, rein statistisch ist mit diesen Screeningtests also auch ein Anstieg vorprogrammiert.

"Ziel ist es, Testergebnisse innerhalb von 48 Stunden zu gewährleisten", betont Anschober, da gäbe es Verbesserungsbedarf, räumt er ein – er will das mittels eines Erlasses schaffen. Mit einem 17-Punkte-Aktionsplan, der unter anderem eine Evaluierung der Hotline 1450, eine personelle Aufstockung der lokalen Gesundheitsämter und ein Ampel-Orientierungssystem zur Einschätzung der lokalen Infektionssituation vorsieht, will sich das Gesundheitsministerium rüsten. "Wir haben gerade einen Testlauf für den Herbst", betont er. Eine Corona-Kommission soll die Leitlinien für die Ampel-Szenarien erarbeiten. Grün bedeutet: kein Handlungsbedarf, Gelb hingegen schon.

Wenn-dann-Szenarien

Stets sollen die Spitalsbettenverfügbarkeit, die Testkapazität, positive Testungen und lokale Clusteranalysen berücksichtigt sein. Wenn man nicht wüsste, woher die Infektionen kämen, dann wäre das aber eine Art Alarmstufe Rot – diese Kontrolle funktioniere so ähnlich wie ein Lawinenwarnsystem. "Da könnte auch der Mund-Nasen-Schutz bundesweit ein Thema sein und kurzfristig umgesetzt werden. Manche könnten überrascht sein, wie schnell das gehen könnte", so Anschober. Die gesetzliche Verankerung ist ebenfalls Teil seines Plans. (Karin Pollack, 17.6.2020)