Vorübergehend ist aus der U-Bahn-Station Mohrenstraße in Berlin schon mal der Bahnhof George-Floyd-Straße geworden.

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Angela Merkel kennt die Mohrenstraße in Berlin-Mitte gut. Dort befindet sich jener Supermarkt, in dem die deutsche Kanzlerin gern persönlich ihre Einkäufe erledigt.

Dass die Straße jetzt wieder in aller Munde ist, hat aber weniger mit der Lebensmittelbevorratung im Kanzlerinnenhaushalt zu tun. Vielmehr schüttelt man in Berlin den Kopf über einen eigentlich gut gemeinten Plan der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG).

Angesichts der Black-Lives-Matter-Bewegung nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz beschloss die BVG, die U-Bahnstation Mohrenstraße umzubenennen. Gefordert wird dies schon seit Jahren, es gab also Lob von allen Seiten. Doch dieses verstummte, als die BVG ihre Alternative präsentierte. Glinkastraße solle der neue Halt an der U2 künftig heißen – benannt nach der nahe gelegenen Glinkastraße zu Ehren des russischen Komponisten Michail Glinka (1804–1857).

"Verschlimmbesserung"

Es dauerte nicht lange, bis die BVG auf antisemitische Äußerungen Glinkas hingewiesen wurde, es hagelte Kritik an der "Verschlimmbesserung" vom Rassismus zum Antisemitismus. Also räumte eine Sprecherin ein, man sei "naiv" gewesen, und betonte gleichzeitig: "Wir sind offen für Vorschläge."

Es wurde "Mauerstraße" genannt, diese ist dort ebenfalls in der Nähe. Das geht aber laut BVG nicht, denn dann würden wieder viele Touristen kommen, die glaubten, sie seien an der Berliner Mauer, an welche die "Mauerstraße" aber nicht erinnert. Sie heißt nach der ehemaligen Berliner Stadtmauer.

Anton Wilhelm Amo

Der Senat, der zuvor noch erfreut über die Tilgung des Namens Mohrenstraße war, warnt nun vor weiteren Schnellschüssen. SPD und Grüne schlagen einen neuen Namen für die gesamte Straße vor: Amostraße.

Dies wäre dann zu Ehren von Anton Wilhelm Amo. Er wurde im 18. Jahrhundert als Kind aus dem Gebiet des heutigen Ghana nach Deutschland verschleppt. In Deutschland war er zunächst "Kammermohr" bei Adeligen. Dann wurde er gefördert und besuchte Universitäten. Schließlich war er der erste Schwarze, der als Philosoph in Deutschland promovierte. (Birgit Baumann aus Berlin, 17.7.2020)