Gesundheitspersonal in den USA, etwa im St. Petersburg General Hospital in Florida, protestiert für bessere Schutzmaßnahmen.

Foto: USA REUTERS_Octavio Jones

In San Antonio, der Millionenstadt im Süden von Texas, parken neuerdings Kühllaster vor Spitälern. Sie sollen die Toten aufbewahren, die zunächst nicht bestattet werden können, da die örtlichen Bestattungsunternehmen an ihre Grenzen gekommen sind. Es sind Szenen, die an New York erinnern, an die Bilder vom März und April, als die Ostküstenmetropole zu den härtesten Corona-Krisenfällen der Welt gehörte.

Es gebe nun mal nur eine begrenzte Anzahl von Gräbern, in die man Leichen legen könne, sagte Ken Davis, Chefarzt am Christus Health South Texas, einer Klinikkette, im regionalen Fernsehsender KSAT. "Es ist schwer, darüber zu reden, wenn deine Angehörigen sterben. Aber der Platz ist knapp geworden." In Texas sind die Spitäler, wie auch in anderen Bundesstaaten im Süden und Westen der USA, seit Tagen einem akuten Stresstest ausgesetzt. Einem Stresstest, den sie nach Aussagen von Lokalpolitikern nicht bestehen können, wenn die Zahl der Neuinfektionen nicht bald deutlich sinkt.

Die Bürgermeister von San Antonio, Houston und Austin zeichnen Szenarien, in denen Ärzte und Pfleger so erschöpft sind oder sich in so großer Zahl mit dem Virus infiziert haben, dass die Personaldecke zu dünn wird, um die Betreuung noch zu gewährleisten. Schon jetzt wurden Mediziner des Militärs nach Texas beordert, um auf Intensivstationen zu helfen.

Tausend Kilometer entfernt

In Kalifornien, einem weiteren Hotspot der Pandemie, ist die Lage vor allem im Ballungsraum Los Angeles und im Imperial County, einem Landkreis an der mexikanischen Grenze, dramatisch. Da die wenigen Kliniken im Imperial County überfordert sind, mussten Patienten von dort nach Sacramento verlegt werden, fast tausend Kilometer entfernt.

In Miami, der am härtesten getroffenen Stadt Floridas, spricht Bürgermeister Francis Suarez von Krankenhäusern, die 95 Prozent ihrer Kapazität erreicht haben. Am Donnerstag hatte Florida mit 156 Toten die bisher höchste Zahl von Corona-Opfern gemeldet, während die Zahl neuer, bestätigter Ansteckungen mit rund 14.000 an einem Tag den zweithöchsten Stand seit dem Ausbruch der Seuche erreichte.

Vor diesem Hintergrund erwägt Suarez, Lockerungen zurückzunehmen, auf die man sich offensichtlich zu früh eingelassen hatte. "Der Druck, zum Lockdown zurückzukehren, wird immer stärker", sagt er. "Wir stehen an einer Weggabelung, und wenn sich die Lage in ein, zwei Wochen nicht deutlich verbessert, müssen wir womöglich dichtmachen." Erst Anfang Juli war für Miami eine nächtliche Ausgangssperre, von 22 bis 6 Uhr, angeordnet worden. Casinos wurden geschlossen, Restaurants mussten ihren Innenbereich sperren. Ron De Santis, der Gouverneur des "Sunshine State", bat die Katastrophenschutzbehörde Fema um die Entsendung von 1500 Krankenpflegern aus anderen Teilen des Landes, um den Personalnotstand zu lindern.

Gegen Mund-Nasen-Schutz

Was sich, von markanten Ausnahmen abgesehen, allmählich durchzusetzen scheint, ist die Einsicht, dass ein Mund-Nasen-Schutz zur Eindämmung der Epidemie beitragen kann. Auch republikanisch regierte Bundesstaaten, die dem Beispiel des monatelang maskenlos auftretenden Präsidenten Donald Trump folgten, scheinen sich nach und nach belehren zu lassen. Am Donnerstag verfügte Asa Hutchinson, der konservative Gouverneur von Arkansas, für seinen Staat die Maskenpflicht, nachdem er sie zuvor als zu weit gehende Einschränkung individueller Freiheiten abgelehnt hatte.

Anders sieht es Hutchinsons Kollege Brian Kemp, der die Amtsgeschäfte in Georgia führt. Demonstrativ unterschrieb er eine Order, die es den Kommunen untersagt, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes durchzusetzen. Dann legte er mit einer Klage gegen Atlanta nach. Deren Bürgermeisterin, die Demokratin Keisha Lance Bottoms, hatte das Tragen von Masken in Geschäften, Restaurants und öffentlichen Gebäuden zur Pflicht gemacht. Weder den Geschäftsinhabern Atlantas noch ihren Angestellten, erwiderte Kemp in seiner Klageschrift, dürfe man das zumuten, wenn ihre Existenz auf dem Spiel stehe. (Frank Herrmann aus Washington, 17.7.2020)