Erste konkrete Varianten, wie diese Organisation ausgestaltet wird, werden im Herbst vorliegen, kündigte ein Sprecher von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an.

Foto: APA / ROLAND SCHLAGER

Wien – Fälle von erwiesener oder behaupteter Polizeigewalt werden in naher Zukunft von einer unabhängigen Stelle untersucht. Das hat das Innenministerium am Freitagabend auf APA-Anfrage bekanntgegeben. Die Stelle soll im kommenden Jahr ihre Arbeit aufnehmen.

Demnach wird im Zuge der Reform des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) eine eigene, unabhängige Stelle geschaffen, womit einem Vorhaben im türkis-grünen Regierungsübereinkommen entsprochen wird. Die Stelle wird bei Misshandlungsvorwürfen gegen Exekutivbeamte tätig und die Erhebungen führen, wobei die Leitung der Ermittlungen – der Strafprozessordnung entsprechend – den zuständigen Staatsanwaltschaften obliegt. Erste konkrete Varianten, wie diese Organisation ausgestaltet wird, werden im Herbst vorliegen, kündigte ein Sprecher von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an. Mit der Umsetzung sei in der ersten Jahreshälfte 2021 zu rechnen.

Bislang wenig Konsequenzen

Mit der neuen Stelle verspricht sich das Innenministerium eine Spezialisierung und Professionalisierung bei der Aufklärung von möglichen Polizeiübergriffen. Menschenrechtsorganisationen und NGO's hatten diesbezüglich seit Jahren unabhängige, weisungsfreie Erhebungen verlangt und kritisiert, dass bei entsprechenden Verdachtsfällen von polizeilichen Dienstbehörden gegen Kollegen aus den eigenen Reihen ermittelt wird.

Misshandlungsvorwürfe haben für Polizisten nur äußerst selten Konsequenzen. Das bestätigt eine aktuelle Anfragebeantwortung von Nehammer an die FPÖ. Laut dieser wurden seit 2018 zwar 350 Fälle bei der Justiz angezeigt, vorläufig suspendiert wurden aber nur drei Beamte. Eine Suspendierung wurde später aufgehoben, in einem Fall gab es eine Geldstrafe, ein weiteres Verfahren läuft noch.

Video mit Polizeigewalt aufgetaucht

Seit Donnerstag sorgte ein Video für Aufsehen, das zwei Wiener Polizisten zeigt, die im Jänner 2019 in einem illegal betriebenen Spiellokal in Wien-Favoriten einen 28-jährigen Tschetschenen verprügelt haben und sechs ihrer Kollegen sollen dabei dabei teilnahmslos zugesehen haben. Die acht Beamte wurden vorläufig suspendiert, die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein. (APA, 17.7.2020)