Hat er etwas zu verbergen? Man weiß es nicht, und das ist schlecht für Scholz.

Foto: imago/Jens Schicke

So schnell kann es gehen. Gerade erst haben sich die deutschen Sozialdemokraten an jenen Gedanken gewöhnt, der für den deutschen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) schon sehr viel länger eine Gewissheit war: dass er der ideale und am besten geeignete Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2021 sei.

Geholfen hat ihm dabei sein Corona-Krisenmanagement. Die Pandemie gab Scholz Gelegenheit, sich permanent als Retter der Wirtschaft, der die Milliarden locker verteilt, zu präsentieren. Je mehr Geld er ausgab, desto höher wurden seine Beliebtheitswerte.

Offiziell ist noch nichts. Aber an Scholz, so stellte man in der SPD fest, werde 2021 wohl nicht vorbeizukommen sein. Zumal vom Parteispitzen-Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans keiner als geeignet gilt, um gegen wen auch immer aus der Union anzutreten.

Enormer Schaden

Jetzt aber sitzt Scholz der Wirecard-Skandal im Nacken, und es stehen unangenehme Fragen im Raum: Hat der deutsche Finanzminister nicht genau hingesehen, als es schon Hinweise gab, dass bei Wirecard nicht alles mit rechten Dingen lief? Hat (auch) er sich blenden lassen vom sagenhaften Erfolg des weltweit operierenden Technologie-Unternehmens, das im Dax zeitweise mehr wert war als die Deutsche Bank?

Dass angesichts einer solchen Megapleite, wie Wirecad sie hingelegt hat, Fragen auftauchen, verwundert nicht. Schließlich ist der Schaden, der für die deutsche Wirtschaft und für die Aktionäre von Wirecard entstand, enorm. Es erstaunt allerdings doch, dass Scholz mit Fragen offensichtlich nicht gerechnet hat.

Hat er etwas zu verbergen? Man weiß es nicht, und das ist schlecht für Scholz. Wie soll ein Sozialdemokrat in den Wahlkampf ziehen und für soziale Gerechtigkeit werben, wenn er sich immer wieder sagen lassen muss, er nehme die Kontrolle der Großen nicht ernst genug? In Erinnerung ist auch der Vorwurf, Scholz habe in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister (2011 bis 2018) die Warburg-Bank bei ihren Cum-Ex-Geschäften zu leicht davonkommen lassen.

Die Opposition wird sich die Gelegenheit eines Untersuchungsausschusses kurz vor einer Wahl nicht entgehen lassen. Noch kann Scholz dem entgegenwirken. Dafür allerdings reicht die Ankündigung, die ihm unterstellte Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (Bafin) umbauen zu wollen, nicht. Er muss bei Wirecard Farbe bekennen. (Birgit Baumann, 20.7.2020)