Österreichische Medien haben ihre Berichte über den EU-Gipfel zum Teil mit Bildern des Kanzleramts-Fotografen Arno Melicharek bebildert. Kritiker sehen darin eine unsaubere Trennung von Journalismus und PR.

Das Problem: Die Bilder sind im APA-Archiv für Medien abrufbar. Die Austria Presse Agentur hatte in Brüssel dieses Mal keinen Fotografen. APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger erklärt auf STANDARD-Anfrage dazu: "Beim Gipfel in Brüssel haben sowohl Text- als auch Fotojournalisten nur ganz eingeschränkt Zugang. Natürlich schauen wir, dass wir alles möglichst selbst machen, damit wir unseren unabhängigen, qualitätsvollen Fotojournalismus betreiben können, aber es geht nicht immer. In solchen Fällen greifen wir auf Material zurück, das uns zur Verfügung gestellt wird, und schildern das aus."

"Transparenz ist das Wichtigste"

2019 hatte die APA in ihrem Pool von rund 30 Kurz-Terminen ungefähr 150 dieser Fotos. Zum Vergleich: Handout-Fotos von der Hofburg mit Alexander Van der Bellen gibt es im APA-Archiv rund 200 von rund 45 Terminen. In Summe macht die APA jährlich 50.000 Fotos. Als Problem sieht Bruckenberger freilich, dass nicht alle Medien die Quelle ausschildern, sondern nur die APA nennen. "Transparenz ist in diesem Zusammenhang aber das Wichtigste, um die Quelle einordnen zu können." Geld gebe es dafür übrigens nicht, weist Bruckenberger Spekulationen zurück: "Wir tun das rein für unsere Medienkunden, weil die diese Fotos wollen."

Fotos vom Kanzleramt erschienen etwa auf kurier.at:

Foto: Screenshot Kurier

Auch krone.at bildete die Verhandlungsteilnehmer ab:

Foto: Screenshot krone.at

Ebenso griff diepresse.com auf die Bilder im APA-Archiv zurück:

Foto: Screenshot Die Presse

Und oe24.at hatte ebenfalls exklusive Fotos vom Kanzleramtsfotografen Arno Melicharek über die APA publiziert:

Foto: Screenshot oe24.at

Zur Frage, ob das noch unabhängiger Journalismus ist, hat sich auf Twitter eine Debatte entfacht: "Kommen irgendwann auch Gipfelberichte von einem Kanzleramts-Pressereferenten?", fragt etwa "ZiB 2"-Host Armin Wolf.

Bei dem Fotografen handelt es sich um jenen Kurz-Mitarbeiter, der im Zuge der Ibiza-Affäre für Aufmerksamkeit gesorgt hat, weil er Festplatten aus dem Kanzleramt schreddern ließ.

"Wir versuchen grundsätzlich alles, um solche Fotos nicht verwenden zu müssen. Wenn, dann nur, wenn sie als Bildbeleg für die jeweilige Geschichte unerlässlich sind", sagt Rainer Schüller, stellvertretender Chefredakteur des STANDARD. In diesem Fall werde auf die Herkunft aber speziell hingewiesen. (prie, 20.7.2020)