Diese Seen in Alaska sind durch tauende Permanfrostböden entstanden.

Foto: NASA/JPL-Caltech

Üppige Vegetation beschleunigt den Treibhausgasausstoß dieser Kohlenstofflager.

Foto: Ive van Krunkelsven

Mehr als 20 Millionen Quadratkilometer der globalen Bodenfläche liegen ganzjährig unter null Grad Celsius. Noch. Denn durch die Erderwärmung tauen immer tiefere Schichten dieser Permafrostböden auf und gefrieren auch im Winter nicht mehr. Dieser Prozess wird zunehmend selbst zur Klimagefahr: Denn der Permafrost beherbergt gewaltige Mengen an Biomasse, großteils Pflanzenüberreste. Durch das Auftauen werden Bodenmikroben aktiv, bauen die uralte Biomasse ab und setzen dabei die Klimagase Kohlendioxid und Methan frei.

Bisher gingen Forscher davon aus, dass auf diese Weise bis zum Jahr 2100 etwa 100 Gigatonnen Kohlenstoff freigesetzt werden. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung korrigiert nun im Fachjournal "Nature Geoscience" diese Zahl deutlich nach oben. Denn Pflanzen, die im aufgetauten Permafrost wurzeln, geben Kohlenstoff – etwa in Form von Zuckern – an Mikroorganismen im Boden ab, die dadurch wiederum mehr Humus zersetzen können, Forscher sprechen dabei vom "Priming -Effekt". Das Ergebnis: Noch mehr Treibhausgase werden freigesetzt.

40 Gigatonnen Kohlenstoff zusätzlich

Allein durch den Priming-Effekt könnten bis zum Jahr 2100 zusätzlich 40 Gigatonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre gelangen, wie das Forscherteam um Birgit Wild von der Universität Stockholm und Andreas Richter von der Universität Wien. "Der Priming-Effekt ist schon seit den 1950er-Jahren bekannt. Wir haben jetzt erstmals in ausführlichen Modellrechnungen nachgewiesen, dass er große Auswirkungen auf die gesamte Kohlenstoffmenge der Atmosphäre hat – dass also die Interaktion von Mikroorganismen und Wurzeln im Maßstab von Mikrometern eine globale Wirkung zeigt", sagte Wild.

Für ihre Studie verknüpften die Wissenschafter Informationen über mikrobielle Aktivitäten und Wurzelverteilungen mit Daten zu Kohlenstoffkonzentrationen im Boden. Daraus ließen sich die Auswirkungen des Priming-Effekts auf die Treibhausgas-Emissionen berechnen.

Es zeigte sich, dass der Priming-Effekt die Atmungsaktivität der Mikroorganismen im Boden um etwa zwölf Prozent erhöht. Bis zum Jahr 2100 werden dadurch zusätzlich etwa 40 Gigatonnen Kohlenstoff aus dem auftauenden Permafrost in die Atmosphäre entweichen können. Das entspricht etwa einem Viertel des verbleibenden "Kohlenstoff-Budgets", das der Mensch zur Verfügung hat, um die Erde nicht mehr als 1,5 Grad Celsius zu erwärmen. "Wir Menschen haben also noch weniger Spielraum als gedacht", so Studien-Koautor Richter. (red, APA, 20.7.2020)