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E-Mobilität liegt im Trend. Das kommt Tesla zugute. Die Visionen von Tesla-Chef Elon Musk gehen aber weit über die E-Mobilität hinaus.

Foto: Reuters / Wolfgang Rattay

Am 22. Juli um 22 Uhr – also nach US-Börsenschluss – wird Tesla seine Zahlen für das zweite Quartal vorlegen. Es sind Zahlen, die von Analysten mit Hochspannung erwartet werden. Gelingt es dem Hersteller von Elektroautos, ein Quartalsplus auszuweisen, wäre es das vierte Quartal in Folge, dass Tesla mit einem Gewinn abschließt.

"Ein vierter Quartalsgewinn in Folge wäre der Faktor, der Tesla noch fehlt, um sich für eine Aufnahme in den US-Index S&P 500 zu qualifizieren", erklärt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin im Private Banking der Bank Austria. Ob der Aufstieg in den Index gelingt, entscheidet letztlich dann aber noch das S&P-500-Komitee.

Kräftiger Anstieg

Die Aufnahme in den Index würde die Aktie von Tesla wohl weiter beflügeln, weil dann alle Anbieter von Papieren, die den Index nachbauen (EFT) das Papier nachkaufen müssen. Die Aktie notiert aktuell bei rund 1.300 US-Dollar. Allein in den vergangenen zwölf Monaten hat das Papier bereits um fast 500 Prozent zugelegt. Ende Juni wurde erstmals die Marke von 1.000 US-Dollar übersprungen. In den ersten beiden Juli-Wochen haben Tesla-Anteilsscheine nochmals um 40 Prozent zugelegt.

Die Analysten sind großteils euphorisch. Im vergangenen Monat gab es 18 Anhebungen beim Kursziel. Das höchste Kursziel liegt bei 2.300 US-Dollar.

Doch woher kommt die überbordende Fantasie? Hierfür können zwei Faktoren genannt werden: Der rasant steigende Aktienkurs basiert wohl auf der Annahme, dass Tesla ein ewiges Monopol auf E-Autos haben wird. Setzt sich die Technologie aber durch, wird die Konkurrenz rasch zunehmen. Das ist ein Phänomen, das Streamingdienste nun auch lernen. Lange konnte Netflix etwa seinen Platz halten. Mit Amazon Prime, Apple plus und Disney werden aber auch hier die Karten gerade neu gemischt.

Zwischen Vision und Realität

"Die Vision ist das eine, die langfristige Produktion aber das andere", sagt Rosen-Philipp. Dass Tesla über einen langen Zeitraum hinweg Autos bauen kann, die halbwegs massentauglich sind, werde der Konzern noch beweisen müssen. Zur Einordnung: Im zweiten Quartal hat Tesla 90.650 Fahrzeuge ausgeliefert – und damit die Erwartungen übertroffen. Ford hingegen hat im selben Zeitraum 433.800 Autos verkauft. "Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 280 Milliarden Dollar ist Tesla der zweitwertvollste Autobauer hinter Toyota. Der japanische Hersteller hat im Vorjahr aber mehr als zehn Millionen Autos verkauft", ordnet Rosen-Philipp ein.

Zudem könnte der rasant nach oben schnellende Aktienkurs eine Wette auf die Visionen von Tesla-Chef Elon Musk sein. Er investiert ja nicht nur in die E-Mobilität. Der Milliardär (sein Vermögen wird auf 70 Milliarden Dollar geschätzt) mischt kräftig in der Raumfahrt mit und hat zuletzt angekündigt, Minifabriken zur Produktion des Biomoleküls RNA für Curevac bauen zu wollen. Curevac ist jenes Tübinger Biotech-Unternehmen, in das die deutsche Bundesregierung zuletzt 300 Millionen Euro investiert hat, weil das Unternehmen an einem Corona-Impfstoff forscht. Auch US-Präsident Donald Trump wollte sich Einfluss auf Curevac sichern.

Im Sog der Tech-Rally

Die Tesla-Aktie wird zudem von Experten mehr als Tech-Titel denn als Autowert gesehen. Die aktuelle Tech-Rally, die vor allem durch Covid-19 und die daraus stark nachgefragte Technik für Homeoffice ausgelöst wurde, könnte hier ebenfalls unterstützen. Hinzu kommt freilich, dass die E-Mobilität mit dem Bestreben nach Klimaschonung und der verstärkte Einbau von Nachhaltigkeit im Wirtschaftsleben Tesla ebenfalls zugutekommen.

Investoren fürchten aber einen Braindrain bei Tesla, weil mehrere Führungskräfte das Unternehmen im Vorjahr verlassen haben und es keinen Chief Operating Officer (COO) gibt, der an Musks Seite steht. (Bettina Pfluger, 21.7.2020)