"Gratulation, ihr habt soeben eine U-Bahn erfunden", lauteten nicht wenige hämische Kommentare, als Elon Musks Firma The Boring Company (TBC) ihr neuestes Projekt vorgestellt hatte. The Loop soll Menschen unterirdisch schneller an ihr Ziel bringen und in Großstädten wie Las Vegas die Wegzeit von A nach B drastisch reduzieren – nur dass man weiterhin auf Individualverkehr anstelle von öffentlichem Verkehr setzt.

Im Gegensatz zu den Hyperloop-Plänen bewegen sich Fahrgäste autonom in – wie könnte es anders sein – eigens dafür bereitgestellten Tesla-Modellen des umstrittenen Gründers fort. Eventuell könnten auch umgebaute Modelle zum Einsatz kommen, um mehrere Personen gleichzeitig transportieren zu können. An den Randstationen wird es Park-&-Ride-Systeme geben, wie man es auch von europäischen Städten kennt. In den Zwischenstationen werden die Personen entweder von der Erdoberfläche abgesenkt oder durch halboffene Terminals in die Autos gebeten, bevor sie auf lediglich zehn Meter Tiefe abgesenkt und in die Röhren entsandt werden.
Zeit und Geld
Angesprochen auf Unterschiede zu einer U-Bahn, weicht man bei TBC dem Vergleich zunächst eher aus. Man vergleiche das Loop-System viel eher mit einem Untergrund-Autobahnsystem als mit einer Metro. Das ist es letzten Endes auch. Im selben Atemzug wird aber sofort der größte Vorteil des Loops gegenüber der U-Bahn angeführt. In der Wüste Nevadas, wo Zeit ähnlich wie im Silicon Valley vor allem immer noch Geld bedeutet, will man Erstere nicht unnötig verstreichen lassen.

Und so ist jeder unnötige Zwischenstopp der U-Bahn eine Zeit- und damit auch eine Geldeinbuße. Auch wenn der Loop irgendwann auf 100 Stationen ausgebaut sei, werde man immer nur dort stoppen, wo man wirklich hinmüsse. Die private fünftürige U-Bahn für jedermann und jedefrau also. Ob es je so viele Stationen geben wird, steht freilich noch in den Sternen.
Der Fahrpreis soll nach der Fertigstellung der ersten Teilstrecke im kommenden Jahr jedenfalls nicht weit höher liegen als herkömmliche Mautgebühren. Gekostet haben soll der Bau der ersten Teilstrecke bisher umgerechnet knapp 50 Millionen Euro.
Die Schnecke überholen
Warum man den Verkehr nicht schon viel früher unter die Erde verlegt hat? Der Hauptgrund dafür sind die Kosten. Tunnel zu graben ist immer noch ein extrem langwieriges und teures Unterfangen. Das erst 2015 gegründete Unternehmen TBC will das ändern. Man behauptet, die Kosten für eine Meile bereits auf zehn Millionen Dollar gedrückt zu haben, indem man einfach kleinere Tunnel in kürzerer Zeit gräbt. Das entspräche tatsächlich einem Bruchteil bisheriger Tunnelbaukosten. Platz zum Manövrieren bleibt im Musk'schen Tunnel nicht, das übernimmt aber ohnehin der Autopilot – mit teils über 200 Sachen.

Mittelfristiges Ziel ist, mit dem hauseigenen Tunnelbohrgerät schon bald knapp sieben Meilen täglich graben zu können. Bisherige Baufirmen würden heute noch langsamer vorankommen als eine Schnecke, heißt es bei TBC. So könne es nicht weitergehen. Die Sicherheit wolle man jedoch keinesfalls der Geschwindigkeit opfern. Für Fluchtwege und Rauchabzüge würden die üblichen Bestimmungen gelten.

Nachhaltiger?
Das Teilstück zwischen dem Las Vegas Convention Center und der zugehörigen Ausstellungshalle ist bereits fast fertiggestellt. Zwei nahegelegene Kasinohotels haben eine neue Röhre für eine exklusive Anbindung bereits beantragt. In weiteren Schritten sollen immer mehr Hotels am berühmten Strip sowie der Flughafen im Süden und die Fremont Street Experience im Norden der Stadt angeschlossen werden. Auch von Las Vegas ist die Rede.

Inwiefern es sich bei dem Projekt um eine nachhaltige Ökologisierung des Verkehrs handeln kann, ist jedoch fraglich. Individualverkehr, auch wenn er unter dem Boden und in elektrischen Fahrzeugen stattfindet, hält im Vergleich mit elektrischen öffentlichen Verkehrsmitteln über- wie unterirdisch wohl kaum mit. Zumindest das entnommene Gestein und den Boden will man jedoch recyclen und für verschiedenste Dinge wie Baumaterialien wiederverwerten. (Fabian Sommavilla, 21.7.2020)